Nationalmannschaft: „Werde meine Gedanken mit Verein teilen“, sagt Kimmich zu Bayern-Zukunft | ABC-Z
Vor dem Länderspiel gegen Bosnien spricht Joshua Kimmich über seine Zukunft beim FC Bayern. Außerdem bezieht der Nationalspieler Stellung zur politischen Situation in Deutschland und lobt die Fußball-WM in Katar.
Als die deutschen Nationalspieler am Mittwoch den Trainingsplatz am DFB-Campus in Frankfurt betraten, fehlten zwei Spieler. Florian Wirtz und Angelo Stiller mussten passen, weshalb ihr Einsatz im Nations-League-Spiel am Samstag gegen Bosnien-Herzegowina (20.45 Uhr/RTL) in Freiburg immer unwahrscheinlicher wird. Wirtz hat einen Infekt, Stiller ist wegen muskulärer Probleme sogar abgereist. Bundestrainer Julian Nagelsmann hatte zu Wochenbeginn angekündigt, besonders auf den Fitnesszustand der Spieler achten zu und diese gegebenenfalls schonen zu wollen.
Der Rest der Mannschaft, also die anderen 18 Feldspieler und drei Torhüter, absolvierten die Übungseinheit, die weder für Medien noch Fans zugänglich war. Joshua Kimmich, der im Anschluss im Medienraum Platz nahm, berichtete von einer guten Einheit, bei der er im Abschlussspiel mit seinem Team allerdings unterlegen war.
Es war nur eine Randnotiz auf einer gut halbstündigen Pressekonferenz am Mittwoch, dem Tag der Nettigkeiten, mit dem Kapitän der deutschen Auswahl, die am Abend zuvor in einem Frankfurter Lokal ein gemeinsames Abendessen hatte. In einer angenehmen Atmosphäre, wie Kimmich berichtete. Auch da habe man wieder gespürt, so der Profi vom FC Bayern, wie gut das Klima innerhalb der Nationalmannschaft sei. „Jeder kommt gern hierher“, sagte Kimmich, schob aber auch nach: „Eine gute Atmosphäre steht und fällt eben auch mit Siegen.“ Die es zuletzt ja wieder häufiger gab. Von bis dato 13 Länderspielen im Kalenderjahr 2024 ging nur eins verloren – das EM-Viertelfinale gegen Spanien (1:2).
Wie schon der Bundestrainer, der zwei Tage zuvor auf dem Podium gesessen hatte, wurde auch Kimmich am Mittwoch auf Themen angesprochen, die außerhalb des Sports liegen: Das Ergebnis der US-Wahl, die bevorstehende Vergabe der WM 2034, die wohl in Saudi-Arabien (einziger Bewerber) stattfinden wird, und die Regierungskrise in Deutschland.
Kimmich lobt Katar-WM
Kimmich, 29 Jahre alt, wich nicht aus. Doch wie schon Nagelsmann legte er Wert darauf, den Fußball und dessen Kraft nicht zu überhöhen. Natürlich, so sagte er, erachte auch er es als erstrebenswert, mit zwei guten Länderspielen (das zweite findet am Dienstag um 20.45 Uhr in Ungarn statt, das ZDF überträgt) für positive Stimmung zu sorgen. „Generell glaube ich, dass wir Spieler für gewisse Werte einstehen sollen. Doch oftmals ist es nicht unser Job, sich politisch zu äußern. Dafür haben wir Fachleute im Verband und in der Politik“, sagte Kimmich – und erinnerte an die WM in Katar Ende 2022, bei der man kein gutes Bild abgegeben habe. „Da wurde uns als Spieler ein Stück weit die Freude am Turnier genommen, das top organisiert war und Top-Stadien hatte. Wir konnten das Turnier nicht so genießen, weil es eine Debatte gab“, sagte Kimmich – und ergänzte: „Ich habe schon das Gefühl, dass wir in Deutschland oder den westlichen Ländern Ansichten vertreten, von denen wir der Meinung sind, dass sie universell sind und man sie überall spüren sollte. Wir haben ja unsere eigenen Baustellen, da ist es manchmal gut, sich darauf zu konzentrieren.“
Bei der WM vor knapp zwei Jahren hatte der Tross des DFB für viel Wirbel rund um das Kapitänsbinden-Thema gesorgt. Als der Weltverband Fifa das Tragen der „One-Love-Binde“ untersagt hatte, war nach einer alternativen Geste als Zeichen gegen Diskriminierung gesucht worden. Vor dem ersten Gruppenspiel gegen Japan (1:2) hielten sich die deutschen Startelf-Spieler schließlich demonstrativ den Mund zu. Nach dem Turnier, bei dem die deutsche Elf in der Vorrunde ausgeschieden war, hatten Spieler berichtet, wie „belastend“ die Debatte gewesen sei und wie sehr sie diese „genervt“ hätte.
Kimmich betonte am Mittwoch mehrmals, dass es wichtig und richtig für Spieler sei, für gewisse Werte und Menschenrechte einzustehen. Am Ende werde man bei einem Turnier aber am sportlichen Erfolg gemessen. Im Hinblick auf die anstehenden zwei Länderspiele, die zu einer Zeit stattfinden, in der es große Unruhe in der deutschen Politik gibt, sagte der Münchner Defensivspieler: „Ich glaube, dass wir als Mannschaft die Chance haben, den Menschen Freude zu bereiten, gerade wenn es politisch nicht rundläuft.“ Der 29-Jährige berichtete von einem guten Austausch, den man innerhalb der Mannschaft auch über Themen abseits des Fußballs habe. „Es ist aber schon schwierig, die Meinung öffentlich preiszugeben. Man möchte es auch gar nicht“, sagte der 95-malige Nationalspieler. Man würde bei Gesprächen am Essenstisch dann aber auch merken, „dass wir eher Fußballer sind und keine Politiker“.
Zukunft beim FC Bayern
Und was den Fußball betrifft, so ließ Kimmich wissen, dass man alles daransetzen werde, um Gruppenerster in der Nations League zu werden – und sich dann über zwei Viertelfinalspiele im März kommenden Jahres für das Final-Four-Turnier im Juni qualifizieren zu wollen. „Wenn man bei einem großen Turnier erfolgreich sein will, entscheidet sich das nicht erst beim Turnier, sondern auf dem Weg dorthin“, sagte Kimmich und verwies auf die Spanier, die die Nations League und dann auch den EM-Titel gewonnen haben.
Bevor Joshua Kimmich sich am Mittwoch zurück ins Teamquartier begab, wurde er noch einmal auf seine Zukunft angesprochen. Und auch da wurde er deutlich. Er sei, sagte er, mit dem Verein im Austausch. „Das wird auch weiterhin so sein. Ich werde meine Gedanken mit dem Verein teilen“, sagte der vierfache Familienvater, dessen Vertrag noch bis Juni 2025 läuft. „Aber wir wissen ja auch, wie meine Situation vor acht bis zehn Wochen war. Da hatte man das Gefühl: Wann ist der Kimmich endlich weg. Jetzt sieht man, wie schnell es im Fußball geht. Jetzt sieht es ganz anders aus.“ Kimmich sprach von einer „wichtigen Entscheidung in meiner Karriere. Das sollte schon wohlüberlegt sein.“ Klare Worte.