Verhandlungsrunde für Pilotabschluss Metall startet in Hamburg | ABC-Z

Mehr als 500.000 Menschen haben seit Ende Oktober quer durch die Republik an den Warnstreiks der IG Metall teilgenommen, mit denen die Forderung nach einem Lohnplus von sieben Prozent unterstrichen wurde, und an diesem Montag wird es in Hamburg noch einmal laut werden. An drei Orten in der Stadt versammeln sich Arbeitnehmer und treffen sich dann am Fischmarkt zur Abschlusskundgebung – in der Hoffnung, am nächsten Morgen mit einer guten Nachricht aufstehen zu dürfen.
Ob das klappt, ist ungewiss, aber die Vertreter beider Tarifparteien haben öffentlich vielfach versichert, sie seien fest entschlossen, sich in der vierten Runde zu einigen. „Nur nicht um jeden Preis“ ist allerdings ein typischer Nachsatz. Die Verhandlungsrunde beginnt am Montagnachmittag in einem Hotel in Hamburg. Dass es tief in der Nacht werden könnte, bis man sich zusammenrauft, ist klar. Erstmals sind Verhandlungskommissionen aus zwei unterschiedlichen Bezirken beteiligt. Die einen tagen in Hamburg, die anderen sind virtuell aus München zugeschaltet. Die Zusammenarbeit soll dazu führen, ein breites Bild der Branche einzubeziehen. Ziel ist, einen Pilotabschluss zu erzielen, der dann für fast vier Millionen Mitarbeiter in Metall- und Elektrounternehmen in ganz Deutschland gilt. Die hohe Kunst besteht darin, möglichst viele davon zufriedenzustellen („sind ja unsere Mitarbeiter“), ohne die Kosten zu stark zu strapazieren.
Gute Lösungsidee für die meisten Themen
Der Spagat zeigt sich im bisherigen Verhandlungsverlauf. In jenen Punkten, die weniger eindeutig in Euro gerechnet werden, sind wohl gute Gespräche geführt worden, wie von beiden Seiten berichtet wird. Dabei geht es etwa um die Forderung der Gewerkschaft nach einem kräftigen Aufschlag für die Azubis oder um die Frage, wie bestimmte Sonderzahlungen in Freizeit umgewandelt werden können und wer davon profitieren soll. Die Arbeitgeber fordern, dass sie wie bisher schon die Möglichkeit haben, Sonderzahlungen ohne Diskussion mit der Gewerkschaft zu verschieben, sofern es dem Unternehmen schlecht geht. Im Detail dauern die Verhandlungen oft lang, weil es darum geht, eine bestimmte Möglichkeit zu finden, solche Forderungen inhaltlich abzugrenzen. In anderen Fällen wirkt eine Forderung einfach, hat aber bei näherer Betrachtung unbeabsichtigte Nebeneffekte.
Für die meisten Themen gebe es gute Lösungsideen, sagt Daniel Friedrich, Chef des IG-Metall-Bezirks Küste – aber: „bei der Frage nach dem Geld ist die Phantasie sehr dünn“. Der Sieben-Prozent-Forderung der Gewerkschaft für einen zwölf Monate laufenden Tarifvertrag steht bisher ein Angebot der Arbeitgeber entgegen, das bei einer Laufzeit von insgesamt 27 Monaten erst einmal mit neun Monaten ohne Lohnerhöhung startet. Ab Juli 2025 soll es eine Erhöhung um 1,7 Prozent mehr geben, ab Juli 2026 noch einmal um 1,9 Prozent.
Betriebe brauchen rasch Klarheit
Seit dieses Angebot im Oktober vorgelegt wurde, habe sich die allgemeine wirtschaftliche Lage noch verschlechtert, wird auf Arbeitgeberseite betont. Die Forderung mache angesichts wegbrechender Aufträge weitere Werksschließungen und Produktionsverlagerungen wahrscheinlicher, mahnt Lena Ströbele, Verhandlungsführerin von Nordmetall. Die Wahl von Donald Trump in Amerika und das Scheitern der Regierung in Berlin kämen als Krisenverstärker hinzu: „Die Betriebe und die Beschäftigten brauchen jetzt rasch Klarheit, wie es weitergeht, und langfristig planbare Rahmenbedingungen.“
Beide Seiten müssten „vielleicht noch über ein Stöckchen springen“, urteilt Angelique Renkhoff-Mücke, Verhandlungsführerin der bayerischen Metallarbeitgeber: „Vielleicht wird es auch ein großer Stock.“ Dennoch schätzt sie die Chance, in der anstehenden vierten Gesprächsrunde zu einer Einigung zu kommen, auf „über 50 Prozent“. Was man jetzt brauche, sei „eine Art Krisenabschluss“, um den Standort Deutschland zu stabilisieren.
Unter den Gewerkschaftern gab es offenbar genau deswegen Stimmen, die eine nochmalige Verschiebung der Verhandlungen forderten, dann aber die Erkenntnis, dass sich die Lage kaum innerhalb von zwei Wochen verbessern werde – und dass alle Beteiligten Planungssicherheit brauchten. Für alle Fälle ist man auf ein Scheitern vorbereitet. Alle Bezirke haben bei der Gewerkschaftszentrale in Frankfurt Pläne für 24-Stunden-Streiks eingereicht, mit denen der Druck auf die Arbeitgeber verstärkt werden könnte.