Nach dem Ampel-Aus: Kaltstart in den Wahlkampf im Wahlkreis Erding-Ebersberg – Ebersberg | ABC-Z
Eigentlich wollte Andreas Lenz in seinem Büro im Bundestag am Mittwochabend in Ruhe Akten studieren für die Sitzung am nächsten Tag. Nebenbei lief der Fernseher – und schnell wurde klar, dass es mit der Routine erst mal vorbei ist. Nicht nur für den CSU-Bundestagsabgeordneten, auch für die anderen Kandidaten im Landkreis Ebersberg, die sich für einen Sitz in dem Gremium bewerben wollen. Denn es wird nicht im Herbst gewählt, sondern viel früher – im März oder vielleicht sogar im Januar. Für sie heißt das, dass sie für den Kaltstart in den Wahlkampf ihre ursprünglichen Pläne über den Haufen werfen müssen. Ein Kraftakt, für den sich die Kandidaten aber gerüstet fühlen.
Oder auch mehr als das: Martin Hagen jedenfalls ist am Morgen darauf regelrecht enthusiastisch: „Ich liebe sowas! Solche Tage, wenn ständig was Neues passiert“, erzählt er, während er am Donnerstag kurz vor zehn mit seinem Hund spazieren geht. Begonnen hatte sein Tag um 5.30 Uhr, geendet hatte der Abend zuvor nur vier Stunden vorher. Schon seit Wochen hatte der FDP-Landeschef und Bundestagskandidat im Landkreis Ebersberg ein Ende der Ampel gefordert, dementsprechend hält sich das Bedauern in Grenzen: „Ich bin ein Stück weit erleichtert, aber ich hätte mir einen geordneten Übergang gewünscht“, sagt Hagen.
Auch beim Gespräch mit den anderen Kandidaten wird klar. Nachtrauern wird keiner der Ampel. „Folgerichtig und überfällig“ nennt Andreas Lenz das Ampel-Aus. Christoph Lochmüller von den Grünen sagt, er verstehe, dass der Kanzler seinen Finanzminister rausgeworfen habe, er sei selbst Unternehmer und wisse, dass man manchmal solche Entscheidungen treffen müsse – wenn auch der Zeitpunkt kurz nach der Wahl in den USA und den entsprechenden Nachwehen sicher alles andere als ideal sei: „Es gab schon viele Male, dass es hieß: jetzt kommt’s. Und dann war es doch nicht so. Diesmal habe ich eher nicht damit gerechnet.“ Er sei doch etwas enttäuscht, „dass es dieser Weg war, der gewählt werden musste“, sagt Marco Mohr, der SPD-Bundestagskandidat, doch er halte es letztlich für einen verantwortungsvollen Schritt.
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Fest steht, dass die Kandidaten jetzt ihren Plan für den Wahlkampf über den Haufen werfen müssen – Teams zusammenstellen, Plakate machen, Termine planen, das alles muss jetzt schnell gehen. Lochmüller, Mohr und Hagen haben immerhin ihre offizielle Kandidatennominierung schon hinter sich, bei Lenz steht sie am 14. November erst an – wenn auch freilich selbst in einer an Überraschungen reichen Zeit wie dieser nicht damit zu rechnen ist, dass die Delegierten ihn nicht mit sehr großer Mehrheit wieder nach Berlin schicken wollen.
SPD-Bewerber Marco Mohr dürfte die größte Herausforderung zu bewältigen haben: Es ist nicht nur sein erster Wahlkampf, er verfügt auch noch nicht über eine größere Bekanntheit in seinem Wahlkreis – und er hatte sich sein Jahresende eigentlich anders vorgestellt. Der Kalender des Leiters der Compliance-Abteilung eines Unternehmens in Putzbrunn ist in den letzten Monaten des Jahres ohnehin schon voll, nun muss er das, wofür er im Wahlkampf sonst Monate Zeit hätte, in wenigen Wochen hinbekommen. „Nachts und an den Wochenende“, antwortet er, wenn man ihn fragt, wann er das auch noch schaffen will. Das zeigt auch einigen Idealismus, denn wie Mohr selbst vorrechnet, müsste bei seinem Listenplatz die SPD ungefähr 80 Prozent in Bayern bekommen oder aber er müsste Mitbewerber Andreas Lenz das Direktmandat abjagen – beides Szenarien, mit denen man nicht unbedingt fest rechnen kann.
Lenz selbst hofft, dass es zu einem frühen Wahltermin kommt, dass über einen neuen Bundestag nicht erst im März abgestimmt wird. „Wir sind sofort kampagnenfähig“, sagt er. Ohnehin könne die Regierungskoalition ohne eine Mehrheit nicht mehr viel bewirken, somit sei eine schnelle Neuwahl wichtig. Ähnlich sieht es Martin Hagen: Jedem sei ja nun klar, wo welche Partei stehe, die Bürgerinnen und Bürger könnten somit nun auch ihre Entscheidung treffen. Er selbst freue sich auf die kommenden Wochen: „Ich finde einen kurzen, knackigen Wahlkampf angenehmer als wenn es sich jetzt noch lange hinzieht.“
Auch Christoph Lochmüller von den Grünen, der auch schon bei der Bundestagswahl 2021 angetreten war, ist bereit. So schlecht sei der Zeitpunkt für die Grünen gar nicht, sagt er, ohnehin stehe in Kürze der Bundesparteitag an, auf dem dann voraussichtlich auch Robert Habeck als Kanzlerkandidat nominiert werde. Nur bei einer Sache ist Lochmüller nicht besonders optimistisch: Dass es angesichts des neuen Zeitplans mit seiner Skitourenwoche klappt, die eigentlich Ende Februar geplant war.