Manege statt Klassenzimmer: Zirkuswoche an der Poinger Grundschule – Ebersberg | ABC-Z
„Kannst du nicht war gestern“, schreibt der pädagogische Wanderzirkus „ZappZarap“, der nun in Poing zu Gast war, auf seiner Homepage. Und dieses Motto trifft auch das Ziel der gemeinsamen Veranstaltung mit der Grundschule an der Karl-Sittler-Straße auf den Punkt: Erfolgserlebnisse für Kinder. Für Rektorin Verena Heigl hat das einen hohen Stellenwert: „Die Kinder einfach mal glänzen lassen“, sagt sie, „ganz ohne Prüfungen und Bestimmungen von außen“. Die Kreativität der Kinder und ihre strahlenden Augen, das sei alles „unfassbar schön zu sehen“.
Zweieinhalb Jahre Planung seien in die Verwirklichung des Projekts geflossen, berichtet die Rektorin. Nur dank zahlreicher helfender Hände, etwa denen des Elternbeirats, und vieler Sponsoren sei die Idee überhaupt realisierbar gewesen. Selbst das Zirkuszelt für „Das turnende Klassenzimmer“ wurde zuvor eigenhändig aufgebaut.
Dass für das Projekt zudem eine ganze Woche komplett unterrichts- und hausaufgabenfrei geblieben ist, war laut der Direktorin für die Schulgemeinschaft kein Problem – und die Kinder seien ohnehin begeistert gewesen. Fleißig haben sie in ihren Gruppen verschiedene Kunststücke einstudiert, nachdem sie am Montag zwischen Seiltanz, Zaubern, Akrobatik und vielem mehr auswählen durften. Nun sind sie nach tagelangem Üben bereit für die große Aufführung.
Auf dem Zirkusgelände am Hanselbrunn in Poing herrscht reges Treiben. Kinder laufen durch die Gegend, vor dem blau-roten Zelt hat sich eine lange Schlange gebildet: Gleich ist Einlass. Das „Zirkus-Team“, bestehend aus Eltern und Lehrern, trägt große Hüte, bunte Girlanden und Herzchen auf der Wange. Aus einer Imbissbude weht der Duft von Popcorn, mobile Verkäufer bieten Smarties, saure Pommes und Schoko-Mikado an.
Gleich steht das Seiltanzen auf dem Programm. Die Drittklässlerinnen Milana und Rebecca warten schon „ganz aufgeregt“ hinter der Bühne. Warum sie gerne beim Seiltanz mitmachen wollten? „Weil das Seil so dünn ist und weil ich meine Eltern stolz machen will“, sagt eine der Achtjährigen. Und was hilft gegen die Nervosität? „Man muss sich einfach selber ganz oft sagen: Das schaffst du!“ erklären die beiden, während sie auf und ab hüpfen.
Drinnen im Zelt toben die gut 300 Zuschauer geradezu – und die Kinderaugen strahlen. Mit konzentrierten Gesichtern führen die Schülerinnen und Schüler ihre Kunststücke unter dem mit Sternen bedruckten Himmel der Manege auf, begleitet von Lichteffekten und euphorischer Zirkusmusik. Bei kleinen Patzern wird umso lauter geklatscht und bei den abschließenden Verbeugungen der jungen Artisten lässt sich gut beobachten, wie die Kinder sich aufrichten, stolz das Kinn recken und in die Menge lachen.
:Unterwegs im „Bus mit Füßen“
Seit drei Jahren gibt es in Poing das Projekt, bei dem Eltern ihre Kinder in festen Gruppen zur Schule bringen. So lernen sie auf sichere Art den Schulweg kennen und können ihn nach und nach auch selbständig bewältigen.
Um die Kinderschar aus 256 Schülerinnen und Schülern im Griff zu behalten, braucht es tatkräftige Unterstützung. Jerome Vuillemin, Papa eines Zweitklässlers, hat sich für das turnende Klassenzimmer die halbe Woche freigenommen. Gemeinsam mit seiner Gruppe hat er das „Kugellaufen“ einstudiert und heute in der Manege Hilfestellung geleistet. Das Projekt bezeichnet der Vater als großartig. Es sei zwar ein wahnsinniger Aufwand, aber die Gemeinschaft der Kinder unabhängig von Klassenverband, Alter oder Geschlecht begeistere ihn. Erst vor Kurzem ist Vuillemin mit seiner Familie nach Poing gezogen. „Für mich ist der Zirkus also eine gute Gelegenheit, die Schulfamilie kennenzulernen“, sagt er. „Und so eine Chance gibt es nur einmal im Leben“. So wie die Grundschüler auch wird der Vater wohl immer an diese bunten, aufregenden Tage zurückdenken.
Anni, Iris, Luca, Magdalena und Lara haben ihre erste Show bereits hinter sich gebracht. „Super aufgeregt“ seien sie gewesen, erzählen sie, aber sehr zufrieden mit ihrem Auftritt. Nun warten sie im „Backstagebereich“ auf der Wiese hinter dem Zelt, malen Mandalas und naschen aus riesigen Obstschalen. In ein paar Stunden steht die zweite Aufführung an. „Da kommt meine Mama!“, sagt eines der Mädchen und strahlt mit den anderen jungen Artisten um die Wette.