Wie CO₂ die Erde wärmt: Endlich ist die Quantenmechanik dahinter verstanden – Wissen | ABC-Z
Mehr CO₂ in der Atmosphäre lässt die Erde wärmer werden – der Zusammenhang hinter dem menschengemachten Klimawandel ist altbekannt. Der schwedische Physiker Svante Arrhenius entdeckte ihn bereits 1896. Umso bemerkenswerter, dass bis ins Jahr 2024 ungeklärt war, wie genau das funktioniert. Ein Team um den Geophysiker Robin Wordsworth von der Harvard University hat herausgefunden, welche Quanteneigenschaften das Molekül dazu bringen, die Atmosphäre zu erwärmen.
Im Prinzip haben die Wissenschaftler entdeckt, dass CO₂ außergewöhnlich schwingen kann. „Eine scheinbar zufällige Resonanz in einem ansonsten gewöhnlichen drei-atomigen Molekül“, schreiben die Autoren in ihrem Aufsatz.
Die Erde gibt Wärme in Form von Infrarotstrahlung ab. Diese Wärmestrahlung verhält sich im Grunde genauso wie sichtbares Licht. Beide lassen sich als elektromagnetische Wellen beschreiben – sie schlängeln sich also durch den Raum. Was die eine Strahlung zu Wärme und die andere zur Farbe blau macht, ist ihre Wellenlänge. So heißt der Abstand zwischen zwei benachbarten Wellenbergen. Bei thermischer Infrarotstrahlung beträgt er zwischen 8000 und 15 000 Nanometer. Blaues Licht liegt zwischen 430 und 490 Nanometern Wellenlänge.
Das CO₂-Molekül ist offenbar auf Wärmestrahlung spezialisiert. Elektromagnetische Wellen in diesem Frequenzbereich absorbiert es besonders gut: Einzelne CO₂-Moleküle fangen eine Portion Energie, geben sie wieder ab, das nächste Molekül fängt sie ein und so bleibt die Wärmeenergie länger in der Atmosphäre, statt ins Weltall abzustrahlen.
Das Geheimnis liegt im koordinierten Wackeln
Die meisten anderen Moleküle fangen Wellenlängen aus einem sehr engen Bereich ein. Doch das CO₂-Molekül absorbiert nicht nur eine bestimmte Wellenlänge, sondern auch deren Nachbarwellenlängen, wenn auch etwas weniger gut. Wie schafft es das, diese besonders große Bandbreite an Wellenlängen zu absorbieren?
Wenn man ein CO₂-Molekül aus der Nähe betrachtet, sind die beiden Sauerstoffatome gleich weit vom Kohlenstoffatom in der Mitte entfernt. Die Energie von Wärmestrahlung speichert es in sogenannten Vibrations- und Rotationsquantenübergängen. Letztere kann man sich vorstellen wie eine geduldige Spielplatzbegleitung. Immer wieder schiebt diese ein Kind auf der Schaukel an, so wie die Wärmewelle das CO₂-Molekül immer im passenden Moment anschubst, und dabei Energie überträgt. Nur schwingt Molekül nicht dadurch hin und her, sondern rotiert in sich. Dieses Verhalten wird von Strahlung mit einer Wellenlänge von 15 000 Nanometern ausgelöst.
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Die Rotation allein kann aber noch nicht das komplette Absorptionsverhalten von CO₂ erklären, eben weil das Rotieren nur von einem kleinen Teil der Wärmestrahlung aktiviert wird. Nun hat das Team um Wordsworth verstanden, wie sich auch andere Wellenlängen im Molekül verfangen – nämlich in einem sogenannten Vibrationsquantenübergang. Wie an einer Feder aufgehängt pulsieren die Sauerstoff-Atome rhythmisch vom Kohlenstoff in der Mitte weg. Damit das gelingt, braucht es aber einen Kniff. Denn eigentlich hat die Wärmestrahlung der Erde nicht genug Energie, um die Atome auf diese Weise zappeln zu lassen.
Hier kommt die Besonderheit des CO₂-Moleküls zum Tragen: Die beiden Quantenübergänge verstärken sich. Der Takt der Rotation unterstützt das Federn der Sauerstoff-Teilchen. Weil die beiden Zustände so gut zusammenpassen, vermischen sie sich. Und die Kombination dieser angeregten Zustände braucht nur etwas weniger oder mehr Energie als die Rotation selbst. So kann ein CO₂-Molekül eine größere Bandbreite an Wärmestrahlung aufnehmen und deshalb so effektiv die Erdatmosphäre aufheizen.
Der Erstautor der Studie Robert Wordsworth sagte dem Quanta Magazine: „Es hat sich unglaublich angefühlt, als wir merkten, dass alles zusammenpasst. Das Ergebnis zeigt uns endlich, wie direkt die Quantenmechanik mit dem großen Ganzen verbunden ist.“