Fraktur zur Ampel: Die Gipfel der Eitelkeiten | ABC-Z
Erinnern Sie sich noch an die Null-Bock-Generation aus den Achtzigerjahren? Die war in der Generationenschwemme, die wir seit einigen Jahrzehnten erleben – obwohl die Generationen X, Y, Z, Slacker, Millennials, Digital Natives et cetera seit uns Boomern immer kleiner geworden sind –, etwas untergegangen. Doch scheint die Null-Bock-Generation, die keine Lust auf nichts hatte, ihren Prinzipien treuer geblieben zu sein als zum Beispiel die Generation Golf, die inzwischen lieber einen elektrischen Mercedes oder BMW fährt, was auch dazu beigetragen haben dürfte, dass Volkswagen nun so elend dasteht.
Die Null-Bock-Böcke und -Böckinnen dagegen verweigern sich selbst nach ihrem Marsch durch die Institutionen weiter dem Leistungs-, Erfolgs- und Konsumdruck. Das entnehmen wir jedenfalls den Meldungen, wonach es schon einige Unternehmen im In- und Ausland ihren Mitarbeitern gestatten, zu Hause zu bleiben, wenn sie morgens feststellen, dass sie keine Lust zum Arbeiten haben.
Im Homeoffice wird härter gearbeitet
Um Missverständnissen vorzubeugen: Hier geht es nicht um das Homeoffice, in dem, wie wir alle wissen, noch härter gearbeitet wird als im echten Büro. Denn daheim gibt es schließlich keine Kantine, weswegen man auch noch selbst einkaufen, kochen und abwaschen muss, wenn der/die/das Partner/in sich mal wieder aus dem Staub macht mit der fadenscheinigen Ausrede, einen Präsenzpflichttag im Büro zu haben.
Wirklich frei, und zwar ohne Anrechnung auf die kostbaren Urlaubstage, auf die die Deutschen immer noch großen Bock haben, hätte man nur, wenn der Chef einsähe, dass es keinem etwas bringt, wenn man völlig lustlos im Büro herumhängt. Das sieht wohl nicht zufällig auch ein Hersteller von veganen Kondomen so, der seit acht Jahren seinen Mitarbeitern Null-Bock-Tage zugesteht. Die kämen danach wieder voll motiviert zur Arbeit und knieten sich dann richtig rein.
Wenn Lindner keinen Bock mehr hat
Angesichts dieser positiven Erfahrungen scheint uns der bezahlte Null-Bock-Tag sogar noch besser als die Teilzeitkrankschreibung dazu geeignet zu sein, die Deutschen aus der Depression und Deutschland aus der Rezession herauszuführen. Wahrscheinlich würde sich sogar die Koalitionskrise in Wohlgefallen auflösen, wenn Lindner den Kanzler anrufen und ihm sagen könnte: „Du, Chef, ich habe heute wirklich keinen Bock darauf, dir und dem Robert noch einmal die Schuldenbremse zu erklären. Aber übermorgen mache ich das sehr gerne wieder.“
Der Kanzler hat ganz offenkundig gespürt, dass Lindner und Habeck dringend eine Auszeit von der „grauenvollen Performance der Ampel“ (so Habecks Parlamentarischer Staatssekretär Michael Kellner) brauchen, weswegen er den Wirtschafts- und den Finanzminister auch noch von der Teilnahme an seinem nächsten Gipfeltreffen mit der Industrie entband. Habecks Ausruf, er brauche keine Gipfel, denn er sei dauernd am Bergsteigen, klang schon bedenklich nach einem kurz bevorstehenden Burnout. Lindner dagegen quetscht ein Gipfeltreffen nach dem anderen in seinen Terminkalender, weil er dann ja wenigstens ein paar Stunden lang keinen von den Grünen sehen muss.
Auch der Kanzler müsste nicht die Flucht in die „Gipfel der Eitelkeiten“ (O-Ton Grüne) antreten, wenn er sich selbst einmal einen Null-Bock-Tag genehmigen könnte. Lindner sollte daher zur nächsten Beratung mit dem Mittelstand unbedingt auch den veganen Kondomhersteller einladen und danach schnellstmöglich einen Gesetzentwurf zur Einführung des offiziellen Blaumachens vorlegen. Es könnte nämlich sein, dass der Regierung Scholz dafür nicht mehr viel Zeit bleibt. Der eine oder andere Ampelianer sehnt sich erkennbar schon nach den Gipfeln, die Goethe (Hinweis für die Generation Alpha: Das war ein deutscher Dichter) in „Wandrers Nachtlied“ beschrieb:
Die Vögelein schweigen im