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50. Jahrestag : Rumble in the Jungle – der Kampf des Jahrhunderts | ABC-Z

Stand: 30.10.2024 10:04 Uhr

Vor 50 Jahren bezwang Außenseiter Muhammad Ali in Kinshasa den als unschlagbar geltenden George Foreman in einem epischen Boxkampf – und wird zum zweiten Mal Weltmeister.

Als der Kampf beginnt, jagen die beiden Boxer aus ihren Ecken und schlagen wild aufeinander ein, vor allem der Mann mit der weißen Hose ist aktiv, Muhammad Ali. So viel ist gesagt und geschrieben worden vor diesem Duell, nun entlädt sich die aufgestaute Energie schon in den ersten Sekunden in einem stürmischen Stakkato aus abgefeuerten Geraden, Haken und Jabs.

Das euphorisierte Publikum jubelt laut und feiert, die Arme der Männer im Ring scheinen dadurch sogar noch mehr Schwung zu erhalten. So spektakulär beginnt am 30. Oktober 1974 um 4.30 Uhr morgens im “Stade du 20 Mai” von Kinshasa der “Rumble in the Jungle“, das Grollen im Dschungel.

Es stehen sich gegenüber: George Foreman, der favorisierte Schwergewichts-Champion, und Muhammad Ali, der Herausforderer. Zu sehen ist ein Spektakel, das später nicht selten als größter Boxkampf des Jahrhunderts oder sogar aller Zeiten stilisiert wird.

Don King handelt eine Börse von fünf Millionen Dollar aus – für beide

60.000 Menschen sind in jener Nacht vor 50 Jahren ins Fußballstadion von Kinshasa gekommen, der Hauptstadt des damals Zaire genannten Staates, der heutigen Demokratischen Republik Kongo. Der ungewöhnliche Austragungsort hat mit der Börse zu tun, die Promoter Don King ausgehandelt hat: fünf Millionen Dollar für Foreman und Ali, gestiftet von Diktatur Mobutu Sese Seko, einem berüchtigten Gewaltherrscher, der sich in der Öffentlichkeit bevorzugt mit einer Leopardenfellmütze zeigte.

Für Mobutu war der Dschungelrummel eine Werbemaßnahme für sich, sein Land und seinen Kontinent, ein Prestigeprojekt, um Zaire und Afrika auf der Landkarte des Sports zu etablieren. Doch die größte Aufmerksamkeit zogen die beiden Boxhelden auf sich. Weltmeister George Foreman, damals 25, galt in jener Zeit als unbezwingbar und als der schlaggewaltigste Kämpfer der Gegenwart: 40 Siege, 37 durch K.o, unter anderem gegen die Box-Ikonen Joe Frazier und Ken Norton.

Lange Rückreise an die Weltspitze

Ali wiederum, mittlerweile 32, befand sich auf einer langen Rückreise an die Weltspitze. Er hatte infolge seiner Wehrdienstverweigerung 1967 seinen Titel und seine Lizenz verloren. Einen möglichen Einsatz in Vietnam lehnte er unter anderem mit zwei Sätzen ab: “Ich habe keinen Ärger mit dem Vietcong.” Und: “Kein Vietcong hat mich je Nigger genannt.” Dank seiner Popularität und seines Mutes transferierte Ali die Debatte um diesen fernen Krieg in die Mitte der Gesellschaft, mehr noch: Er lenkte die Aufmerksamkeit auf die ungelösten Rassenkonflikte in den USA.

Ali wurde seine Lizenz für drei Jahre entzogen. 1970 kehrte er wieder zurück in den Boxring und erarbeitete sich nach Niederlagen gegen Frazier und Norton unter anderem durch Rückkampf-Siege gegen beide Topstars doch noch das Recht auf einen Fight mit dem Champion Foreman.  

Langeweile in den Camps, Ali ist der Held der Massen

Der Kampf sollte eigentlich bereits am 25. September 1974 stattfinden, doch Foreman hatte im Training einen Cut über dem rechten Auge erhalten, der erst zusammenwachsen musste. Foreman und Ali blieben bis zum neu festgesetzten Kampftermin am 30. Oktober vor Ort.

Die Phase des Wartens verlief quälend für beide. Ali langweilte sich, der Großteil der Presse, sein Publikum, war vorerst abgereist. Er nutzte die Zeit und die “Back to Africa“-Stimmung, betonte stets seine afrikanischen Wurzeln, setzte auf die Kraft seines Charismas und zeigte sich gut gelaunt und aufgeschlossen in der Öffentlichkeit, wofür er die rückhaltlose Unterstützung der Bevölkerung erhielt. Die Menschen riefen bald schon: “Ali boma ye“, Ali, töte ihn. Foreman war in dieser Hinsicht viel zurückhaltender. Zaire liebte nur einen von beiden, Ali.

Angst vor dem Einsetzen der Regenzeit

In den USA war es 23.30 Uhr, als der erste Gong ertönte. Der Ring hatte ein skurriles Wellblechdach erhalten, es sollte Schutz bieten vor Wolkenbrüchen im Zusammenhang mit der Regenzeit, die bisher ausgeblieben war, mit deren Einsetzen aber stündlich gerechnet wurde.

Außer in der Anfangsphase wendet Ali gegen den schlagwütigen Foreman nicht seine klassische Taktik an: “Schwebe wie ein Schmetterling, stich wie eine Biene”. Er lässt sich vielmehr in die Seile gleiten, schützt seinen Kopf mit seinen Händen, seinen Körper mit seinen Armen und lässt Foreman im Trommelwirbel auf sich einprügeln. Den heftigsten Krachern weicht Ali aus, indem er sich in den Seilen nach hinten drückt. Er selbst setzt aus der Defensive heraus allerdings auch harte Treffer.

“Ali, boma ye” – Ali, töte ihn

In den Ringpausen animiert Ali das Publikum und gibt mit hoch erhobenen Armen den Refrain vor: “Ali! Ali! Ali!” Das Publikum ergänzt noch zwei Worte: “Ali, boma ye“.

Der Champ, in der Arena wilder als ein malträtierter Stier, kann den Matador Ali nicht entscheidend schwächen. Tatsächlich gelingt es Ali, mit dieser fortan “rope a dope” genannten Seil-Technik, frei übersetzt: “einen Trottel einfangen”, viel Energie aus Foremans fulminanten Armen zu bannen.

Alis waghalsiger Plan geht auf

Sieben Runden sind absolviert, Ali spürt, dass sein Plan aufgeht. Foreman hingegen zeigt deutliche Anzeichen von Müdigkeit. 20 Sekunden sind in der achten Runde noch zu absolvieren, als das Ende naht, weil Ali vehement angreift. Er hängt zunächst noch in den Seilen, trifft Foreman von dort aus aber hart mit einer Rechten und einer Linken, prescht mit Schwung nach vorn und setzt erneut eine Linke und eine Rechte an Foremans Kopf.

Der Weltmeister beginnt zu taumeln, Ali trifft Foremans Schläfe – und tatsächlich: Der Favorit geht zu Boden. Wird ausgezählt. Ist k.o.. Das ist ihm noch nie passiert. Ali ist nun wieder der unumstrittene Weltmeister. Kurz nach dem Kampf sagt er: “Ich habe euch ja gesagt, dass ich der Größte aller Zeiten bin.

Bald darauf entlud sich der Himmel, es begann, keine Sekunde zu früh, apokalyptisch zu schütten. Ali schrieb es seiner Magie zu, dass der Regen in Kinshasa auf das Ende des Kampfes, des Jahrhundertkampfes, gewartet hatte.

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