Wie Eintracht Frankfurt Union Berlin knacken will | ABC-Z
97 Spiele hat Bo Svensson in der Bundesliga gecoacht. Lange trainierte er Mainz 05, nun Union Berlin. In dieser Zeit schlug er jeweils dreimal Bayern und Leipzig, zweimal Leverkusen, einmal Dortmund. Nur gegen zwei Bundesligaklubs konnte er noch nie gewinnen: den VfB Stuttgart – und Eintracht Frankfurt.
Das ist die eine große Statistik. Die andere lautet: drei Heimspiele, drei Siege. So ist Union Berlin in die Saison gestartet, zuletzt war Champions-League-Finalist Borussia Dortmund chancenlos. Was also erwartet die Eintracht am Sonntag (17.30 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zur Fußball-Bundesliga und bei DAZN) in Berlin?
„Union ist wieder Union“, sagte Dino Toppmöller in der Pressekonferenz vor dem Spiel. Das heißt: viele Zweikämpfe, körperliches Spiel, gefährliche Standards. All das, was die Köpenicker jahrelang stark gemacht und dreimal in den vergangenen vier Spielzeiten nach Europa geführt hat.
Gleichzeitig hat Svensson Union wieder beigebracht, die Abwehrleute des Gegners an deren eigenem Sechzehnmeterraum zu jagen, bis sie den Ball ins Seitenaus dreschen – oder, noch besser: ihn kurz vor dem eigenen Tor verlieren. Für ein solch hohes Pressing „ist Bo bekannt“, lobt Toppmöller. Das heißt aber auch: „Wenn wir die erste Linie überspielen, werden wir Räume bekommen.“
Ein ernst gemeintes Lob
Dortmund gelang das nicht, ebenso wenig wie St. Pauli und Hoffenheim. Das liegt daran, dass die Berliner im Mittelfeld laufstarke Spieler haben, die Toppmöller beinahe beim Namen genannt hätte – dann wollte er aber doch niemanden hervorheben, weil Union als Mannschaft so gut funktioniere. „Vorne haben sie sehr viel Speed, hinten ist ihr Aufbau sehr gut“, sagte er noch.
Das war ernst gemeintes Lob für einen Gegner auf Augenhöhe, mehr als das übliche Komplimentieren vor Spielen. Nicht umsonst sei Union Fünfter und stehe einen Platz vor der Eintracht. Es wirkte so, als wolle der Trainer auch in der Journaille die Sinne schärfen, dass Frankfurts Kragenweite immer noch Union Berlin ist, weniger Bayern München oder Bayer Leverkusen: „Wir sollten uns alle bewusst werden, dass das ein schweres Auswärtsspiel wird.“
In manchen Aspekten des Spiels sind sich beide Mannschaften ähnlich. Union und die Eintracht erzielen ihre Tore am liebsten, indem sie ihrem Gegner den Ball abnehmen und dann sofort ihre schnellen Stürmer einsetzen. Da wäre es doch für Union eine Idee, etwas tiefer zu stehen, um nicht in die Falle zu tappen.
„Im Fußball gibt es immer Momente, in denen du umschalten kannst“, sagt Toppmöller. Einen tiefen Block, wie ihn Riga aufbaute, erwartet er nicht. Ein Spiel mit offenem Visier dürfte es aber ebenso wenig werden, in keiner Partie der bisherigen Union-Saison fielen mehr als vier Tore, häufiger war es das eine goldene, das den Berlinern die Punkte brachte.
Ein Achter, kein Sechser
Umso wichtiger wird es sein, das Zentrum zu kontrollieren, wo der Ball gewonnen wird. Es ist davon auszugehen, dass für die Eintracht wieder Hugo Larsson auflaufen wird. Als Toppmöller ihn gegen Riga einwechselte, bestätigte sich eine alte Fußballfloskel: Einen guten Spieler erkennt man, wenn er spielt. Einen sehr guten, wenn er nicht auf dem Platz steht. Ganz so viel machte Larsson nicht anders als seine Kollegen, die sich in der ersten Hälfte bemühten, die lettische Abwehr auseinanderzuziehen. Aber während sie nur passten und darauf hofften, dass ein anderer (Marmoush) aktiv wurde, übernahm Larsson selbst.
Ein Achter, kein Sechser sei er, erklärte sein Trainer. Also jemand, der nicht nur damit beschäftigt ist, den kreativsten Spielern des Gegners auf den Füßen zu stehen, sondern einer, der selbst ein solcher Spieler ist. Wie Larsson im Alter von 20 Jahren genau im rechten Moment dorthin läuft, wo sich kein Verteidiger für ihn zuständig sieht, ist beeindruckend. „Mit ihm hatten wir eine andere Energie auf dem Platz. Dass er das Tor macht, war bezeichnend“, sagte Toppmöller.
Gegen Union dürfte er spielen, neben einem Abräumer wie Ellyes Skhiri, mit vier schnellen Spielern vor ihm: Ekitiké, Marmoush – und auf den Außen vermutlich zwei aus dem Quartett Ebimbe, Knauff, Nkounkou oder Bahoya. Sie alle durften gegen Riga ran, ebenso wie Spieler, die zu Saisonbeginn auf der Bank saßen. Überzeugt hat außer Verteidiger Amenda niemand.
Im Training war nicht zu erkennen, wen Toppmöller einsetzen wird. Um Freude am Spiel sei es gegangen, weniger um Taktik. Die Spieler schossen ein paar Elfmeter und unterschrieben Trikots für die vielen Kinder, die in den Herbstferien ihren Helden beim Training zusahen. Trübsal nach dem mauen Auftritt gegen Riga war nicht zu spüren. Wieso auch, schließlich holte die Eintracht drei Punkte. „Wir laufen nicht noch zwei Tage durch die Gegend und grämen uns, dass wir kein Feuerwerk abgebrannt haben.“ Das sollen seine Spieler lieber in Berlin machen. Damit nur eine Serie bricht – die mit den Heimsiegen.