Kunst des 19. Jahrhunderts bei Lempertz | ABC-Z

Es sind Sehnsuchtsbilder einer vergangenen Epoche, die den eskapistischen Wunschvorstellungen unserer Gegenwart nicht unähnlich scheinen: Im Jahr 1840, als die Orientkrise um Palästina, Syrien und Anatolien die europäischen Großmächte beschäftigte und Truppen in Bewegung setzte, gab Leo von Klenze sich ganz dem Abglanz der idealisierten Antike hin und malte das Forum Romanum.
Italien hatte der klassizistische Architekt und Maler von 1806 an immer wieder besucht; hier fand er Vorbilder für seine Bauten in München, Kassel oder St. Petersburg. Etwas Überzeitliches liegt denn auch über dem von ihm geschaffenen kleinformatigen Ölbild, das am 26. Oktober bei Lempertz in Berlin mit einer Taxe von 300.000 bis 340.000 Euro zur Auktion kommt. Nur wenige zeitgenössische Figuren als Staffage beleben das in Ruinen liegende einstige Zentrum des Römischen Reichs. Unter einem von Abendrot überhauchten Himmel herrscht stille Größe; Frieden senkt sich über die Überreste der bewunderten Vergangenheit.
Weniger erhaben als erschlafft präsentiert sich dagegen der mangels anderer Aufgaben strickende Kanonier auf Schildwache, den Carl Spitzweg um 1846 als humoristischen Kommentar auf das Milizenwesen der deutschen Kleinstaaterei malte – und das Nachgeborene eher als Bild aus einer nostalgisch verklärten guten alten Zeit lesen (Taxe 250.000 bis 300.000 Euro). In ferne Weltgegenden statt die Vergangenheit entführte Wilhelm Kuhnert Anfang des 19. Jahrhunderts das bürgerliche Publikum und nahm es mit auf Safari nach Afrika. Dort malte der gebürtige Schlesier Tiere in freier Wildbahn und wurde damit erfolgreich – lange bevor kolonialismuskritische Fragen an sein Werk hätten gestellt werden können. Das Doppelporträt zweier prachtvoller Großkatzen, „Ein Löwe und eine Löwin von einer Anhöhe die Umgebung beobachtend“, soll bei Lempertz 120.000 bis 160.000 Euro erlösen.

Alle drei Bilder stammen, wie 94 weitere Lose der Auktion „Romantik und Realismus. Veduten, Landschaften und Genrebilder einer Privatsammlung“, aus dem Besitz eines verstorbenen Sammlers in Westfalen, der sich besonders für Stadtansichten und Architekturmalerei des 19. Jahrhunderts begeisterte. Leo von Klenze etwa ist gleich mit drei Bildern vertreten.