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Sinn für das Wesentliche: Zum Tod von Otto Süßbauer – Bad Tölz-Wolfratshausen | ABC-Z

In seiner letzten Ausstellung hat Otto Süßbauer es mit der größten Künstlerin aufgenommen, der Natur. Nicht, dass er sich mit ihr hätte messen wollen. Er näherte sich ihr mit Bescheidenheit und Demut, mit seinem Blick für das Wesentliche, Sinn für Witz und Händen, die zentnerschwere Steine auf der Spitze stehen lassen konnten. Das lag an seiner Ruhe und an seiner Geduld, einer besonderen Kraft. Ungezählte Akzente hat er in den vergangenen Wochen und Monaten rund um Mooseurach gesetzt: aus Steinen, Zweigen, Rinde, Schilf. Manchmal lag da nur ein vom Biber zernagter Ast auf einem Graspolster – eine Spur zu passend, als dass er durch Zufall dort gelandet hätte sein können. Dann wieder quoll verblühter Wasserdost aus einer Baumhöhle, steckte ein Dönerspieß aus Laub in einem morschen Stumpf oder leuchtete ein heller Holzkeil im dunklen Geäst.

Otto Süßbauer in seinem Atelier. (Foto: Stephanie Schwaderer/oh)
So leicht, so schwer: Mit dieser Steinskulptur begann die Freiluftschau im Mooseuracher Moor. Wie viele andere Arbeiten ist sie bereits wieder verschwunden. (Foto: Stephanie Schwaderer/oh)

Er sei jetzt da angekommen, wo er immer hin gewollt habe, hat er im Frühling gesagt. Er wolle keine schweren Skulpturen mehr bauen. Stattdessen genoss er das schöpferische Spiel zwischen Moor und Himmel, wohl wissend, dass seine Arbeiten Wind und Wetter nicht standhalten und von den meisten Leuten nicht einmal bemerkt werden würden. Wer sich jedoch auf eine Spurensuche einließ, wurde reich beschenkt. Einen Süßbauer im Moor zu finden ist besser als jedes Osterei.

Ein Taschenmesser, ein Skizzenblock – leichtes Gepäck

An manchen Wassergräben oder Waldwegen verharrte er Stunden. Man müsse hinspüren an einen Ort, um ihn stimmig zu gestalten, hat er gesagt. In seinem Rucksack steckten zuletzt nur ein Taschenmesser und ein Skizzenbuch. Leichtes Gepäck für einen Bildhauer, der sich mit zentnerschweren Bronzen einen Namen gemacht hat und vor zehn Jahren mit dem Kunstpreis des Landkreises ausgezeichnet wurde. Vor dem Königsdorfer Rathaus meditiert ein Süßbauer-Mönch, in Münsing hält sein gewitzter Graf von Pocci Wache, und in Geretsried sollte eigentlich längst der „Geher“ schreiten. 2017 hat Süßbauer mit angepackt, die mehr als zwei Meter hohe Skulptur in Ascholding zu gießen. Seither liegt sie in einem städtischen Lager. Es ist die einzige Arbeit der geplanten Kunstmeile, die gezielt für Geretsried geschaffen wurde und einen direkten Bezug zur Stadt hat. Auf einem Sockel aus (Bunker-)Beton nimmt eine Bronze-Platte Gestalt an, setzt schwungvoll Fuß vor Fuß. Da ist Elan und Kraft und Optimismus.

Otto Süßbauers Wege sind in den vergangenen Jahren kürzer und beschwerlich geworden. Geklagt hat er nie. Er hatte ein sorgsames Auge auf seine Bienen, las, teilte seine Aufmerksamkeit, seine Weisheit und seinen Humor großzügig mit seiner Familie, sieben Enkelkindern und allen Menschen, die das Glück hatten, ihn ein Stück weit begleiten zu dürfen. Die Spuren, die er in ihren Herzen hinterlassen hat, werden bleiben. Am 2. November wäre er 67 Jahre alt geworden. Er hatte keine Angst vor dem Tod.

Trauerfeier am Freitag, 25. Oktober, 11 Uhr, Aussegnungshalle, Waldfriedhof, Geretsried

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