50 Jahre Kinderpsychiatrie auf dem Eichberg im Rheingau |ABC-Z
Die zurückliegenden drei Jahre nennt der Ärztliche Direktor der Vitos Klinik Rheingau auf dem Eltviller Eichberg, Dieter Braus, in seiner Rückschau „herausfordernd“. Die Corona-Pandemie habe den Klinikalltag stark beeinflusst, und gleichzeitig sei die Klinik mit den Folgen der zahlreichen weltweiten Krisen konfrontiert worden: Inflation, hohen Energiekosten, Klimawandel, Fachkräftemangel und einem Transformationsprozess im Gesundheitswesen. In dieser Zeit habe sich die Klinik auf dem Eichberg neu ausgerichtet und mit einem „topmodernen, großzügigen“ Neubau begonnen.
Rund 15 Monate nach dem Baubeginn hat der Innenausbau inzwischen begonnen. Nach Fertigstellung sollen in dem dreigeschossigen Gebäude auf der Westseite des zwischen Kiedrich und Hattenheim gelegenen Klinikgeländes alle Stationen der Erwachsenenpsychiatrie sowie das Therapiezentrum unterkommen. Bislang werden dafür nicht weniger als neun verschiedene und teils einige Hundert Meter auseinanderliegende Gebäude auf dem großzügigen Areal von Vitos Eichberg genutzt.
Das sei mit einem hohen Aufwand für die Mitarbeiter und für die Patienten verbunden, die häufig zwischen verschiedenen Gebäuden wechseln müssten, heißt es von der Klinikleitung. Mit dem Neubau werde die Erwachsenenpsychiatrie zentralisiert. Im hochmodernen Neubau stünden dann 120 Betten, verteilt auf fünf Stationen, zur Verfügung.
Geplante Fertigstellung im zweiten Quartal 2025
„Damit beginnt eine neue Ära“, bestätigt Servet Dag, der Geschäftsführer von Vitos Rheingau. Die Erwachsenenpsychiatrie auf dem Eichberg habe eine lange Tradition. Die Klinikgeschichte reiche fast 200 Jahre zurück. Viele der schönen, denkmalgeschützten Gebäude auf dem Gelände stammten jedoch noch aus dem 19. Jahrhundert. Doch nicht nur die Anforderungen an die Therapien hätten sich geändert, sondern auch die Ansprüche an die Klinikräume und ihre Ausstattung. „Mit dem Neubau und der gesundheitsfördernden Architektur schlagen wir ein neues Kapitel in unserer Klinikgeschichte auf“, so der Geschäftsführer.
Zudem erweitert Vitos sein Therapieportfolio: Von digitalen Gesundheitsanwendungen über Stimulationsverfahren bis hin zur schnelleren Behandlung von Depressionen und neuen Ansätzen zur Früherfassung von Demenzerkrankungen. Vitos Rheingau sieht sich damit selbst als Vorreiter in der Rhein-Main-Region. Bei einem „Rohbau-Symposium“ wurden erst kürzlich in Eltville neue zukunftsweisende Trends der Psychiatrie und Psychotherapie diskutiert. Die Arbeiten am Neubau liegen laut Vitos „gut im Zeitplan“. Die Fertigstellung sei für das zweite Quartal 2025 vorgesehen.
Vitos Rheingau ist am Standort Eltville die Trägerin von insgesamt vier psychiatrischen Kliniken: Neben der Klinik Eichberg (für Psychiatrie und Psychotherapie), der Klinik für forensische Psychiatrie Eltville und der Klinik für Psychosomatik gehört auch die Kinder- und Jugendklinik für psychische Gesundheit zum Sozialunternehmen Vitos. Letztere hat gerade erst ihr fünfzigjähriges Bestehen gefeiert. Auch die Heinrich-Böll-Schule – die Klinikschule auf dem Eichberg-Gelände – wird 50 Jahre alt.
Klinik und Klinikschule waren 1974 unter der Trägerschaft des Landeswohlfahrtsverbands (LWV) auf dem Eichberg eröffnet worden. Zuvor hatte die Klinik fünf Jahre lang, seit 1969, in Idstein bestanden. Sie war damit die erste Kinder- und Jugendpsychiatrie in Trägerschaft des LWV Hessen.
Wichtiger Schritt zu besserer Versorgungsqualität
In einer Zeit, in der die Zahl psychischer Erkrankungen steigt und die Auswirkungen der Corona-Pandemie vor allem bei Kindern und Jugendlichen nach wie vor spürbar sind, gelten kinder- und jugendpsychiatrische Fachkliniken als gefordert wie nie. „Die Herausforderungen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie sind groß, und die Bedürfnisse der jungen Patienten werden nicht weniger“, gab Landrat Sandro Zehner (CDU) anlässlich einer Jubiläumsfeier zu bedenken. Dem hohen Bedarf begegnet die Kinder- und Jugendklinik mit einer stetigen Weiterentwicklung ihres Behandlungsspektrums und -portfolios.
Zuletzt war das Angebot im Januar um die „Behandlung zuhause“ für Kinder und Jugendliche ergänzt worden. Diese Therapie im häuslichen Umfeld hat einen „stationsäquivalenten“ Anspruch. Die jungen Patienten werden jeden Tag, auch am Wochenende und an Feiertagen, vom Vitos-Behandlungsteam zu Hause besucht und erhalten eine intensive Unterstützung und Therapie, die dem Niveau einer stationären Behandlung entspricht.
Auch das Angebot der ambulanten und teilstationären Versorgung für psychisch erkrankte Kinder und Jugendliche hat Vitos Rheingau ausgebaut. Vor zwei Jahren war eine Tagesklinik und Ambulanz in Katzenelnbogen (Rhein-Lahn-Kreis) eröffnet worden. Laut Klinikdirektorin Martina Pitzer war die Gründung einer Klinik mit der fachlichen Spezialisierung auf die Bedürfnisse psychisch kranker Kinder und Jugendlicher vor 50 Jahren ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Versorgungsqualität.
Die Eltviller Fachklinik hat einen Versorgungsauftrag für weite Teile Südwesthessens sowie für den Rhein-Lahn-Kreis. Am Standort Eltville wird auf drei Stationen, einer tagesklinisch geführten Station sowie einer angeschlossenen Ambulanz das gesamte Spektrum psychischer Erkrankungen des Kindes- und Jugendalters behandelt. Außenstellen der Klinik befinden sich in Idstein sowie in Katzenelnbogen, Kelkheim, Bad Homburg und Wiesbaden. An alle Außenstellen ist eine Ambulanz angeschlossen.