Kamala Harris erneut auf Cover der Modezeitschrift „Vogue“ – Panorama | ABC-Z
Na also, geht doch. Nach dem ersten – wie sagt man es diplomatisch? – etwas ungewöhnlichen Vogue-Cover vor drei Jahren, sieht Kamala Harris nun endlich so aus, wie es sich für eine amerikanische Präsidentschaftskandidatin wohl gehört. Während sie damals als frisch gebackene Vize-Präsidentin mit schwarzen Converse, engen Jeans und breitem Lächeln in einem betont improvisierten Set stand, was in seiner Ungelenkheit alles „Plötzlich Prinzessin!“ schrie, geht es nun betont staatstragend zu. Die 59-Jährige trägt einen braunen Anzug irgendwo zwischen Pflaume und Mokkafarben von Gabriela Hearst, mit einer ihrer typisch hochgeschlossenen Schalblusen, dazu Perlenohrringe und einen goldenen Pin mit der amerikanischen Flagge. Sie sitzt, sie lacht nicht, sie lächelt nur ganz leicht, schaut aber so gütig und vertrauensvoll, dass man ihr sofort sein gebeuteltes Herz ausschütten, vielleicht sogar seine Stimme geben würde. Außerdem wurde diesmal die Star-Fotografin Annie Leibovitz engagiert, die noch jeden Prominenten verlässlich abgelichtet (und glatt gebügelt) hat. Was sollte da schon schiefgehen?
Nun ja, das ein oder andere dann doch. Zunächst einmal ist auf dem aktuellen Titel der US-Vogue eigentlich Billie Eilish zu sehen, die Kandidatin der Demokraten ist nur auf dem „digital Cover“ abgebildet, was womöglich der langen Vorlaufzeit in der Produktion geschuldet ist, aber auch bedeutet: Harris muss am Kiosk nicht verkaufen. Andererseits kauft das Magazin ja angeblich eh kaum jemand mehr, online ist die Zukunft, die Geste ist, was zählt, die da wäre: Nach Hillary Clinton unterstützt Anna Wintour zum zweiten Mal offensiv eine Präsidentschaftskandidatin. Aber weil es nach dem ersten Mal so viel Spott und Aufregung gab, wurde im zweiten Anlauf auch die Aufmachung derart auf „staatsfrauisch“ getrimmt, dass es fast schon unfreiwillig zur Satire verkommt. Eine burgunderfarbene Tapete, die tatsächlich aus dem Oval Office stammen könnte – allerdings eher in den Neunzigern. Dazu der goldene Schriftzug, der Leibovitz’sche Weichzeichner. Ästhetisch ist das alles so gestrig, dass die Unterzeile „The candidate for our times“, „die Kandidatin unserer Zeit“, wie eine Text-Bild-Schere wirkt. Viele Nutzer auf Social Media kritisierten außerdem, dass hier ein bisschen arg viel Photoshop am Werk gewesen sei und Harris nicht mehr wie 59, sondern eher wie faltenfreie 39 aussehe. Und dann kam durch den sehr langen Begleittext auch noch heraus, dass die Fotos offensichtlich am 7. Oktober gemacht wurden, dem Jahrestag des Terrorangriffs der Hamas auf Israel. Auch das kam bei einigen nicht gut an.
Immerhin der häufige Vorwurf, Vogue beziehungsweise Leibovitz leuchte schwarze Frauen schlechter aus und habe zuletzt die Schauspielerin Zendaya seltsam grau und viel heller erscheinen lassen, dürfte diesmal unbegründet sein. Harris wirkt zumindest dunkler als auf ihrem ersten Cover, das damals von dem afroamerikanischen Fotografen Tyler Mitchell stammte.