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Bayern: Verkorkstes Anti-Islamismus-Video „versehentlich vorzeitig“ ausgespielt – Bayern | ABC-Z

Das bayerische Innenministerium hat erstmals Details zur Entstehung des missglückten Online-Videos gegen Salafismus und Islamismus genannt. Mit dem Anfang September veröffentlichten animierten Clip wollte man aufzeigen, wie junge Leute von extremistischen Predigern über Alltagsthemen radikalisiert werden. Er zeigt eine Frau, die unter anderem im riesigen Schlund eines bärtigen Mannes verschwindet.

Es sollte der Start einer großen Aufklärungskampagne in sozialen Medien sein. In der Kritik standen die fehlende Unterscheidung zwischen Religion und Extremismus sowie die stereotype Bildsprache. Das Ministerium hatte das Video damals nach wenigen Stunden gelöscht, die Kampagne vorerst gestoppt und Irritationen bedauert. Jetzt erklärte es auf schriftliche Anfrage von Florian Siekmann (Grüne), Vize-Chef des Innenausschusses im Landtag, das Zustandekommen des Clips. Die bislang noch unveröffentlichte Antwort liegt der SZ vor.

Die Kampagne wurde demnach im Innenministerium selbst erstellt, unter Beratung von Verfassungsschutz und Landeskriminalamt. Externe Experten oder etwa Vertreter muslimischer Verbände waren nicht involviert. Mit der technischen und gestalterischen Umsetzung war eine Kommunikationsagentur beauftragt. Diese wiederum habe das Video „versehentlich verfrüht“ ausgespielt, also offenbar ohne Freigabe und abschließende Kontrolle – und zwar auf „X“ und Youtube, zu dem Zeitpunkt noch nicht auf anderen Kanälen. Der größte Teil des geplanten Werbebudgets sei für den bei Jugendlichen sehr beliebten Kanal Tiktok vorgesehen.

Folglich sei die dort übliche, „stark mit Vereinfachungen arbeitende visuelle und optische Ausrichtung“ entstanden. Derzeit finde eine Überarbeitung statt. Das Ziel bleibe: Islamisten köderten Jugendliche über harmlos wirkende Fragen und mit deren medialen Gewohnheiten. Letztere geraten „oft unbemerkt in die Fänge von Extremisten“ – dazu brauche es „Gegennarrative“. Für die Gesamtkampagne sind Kosten von 140 000 Euro angesetzt. Das einzelne Video wurde nicht gesondert abgerechnet.

„Es war ein schwerer strategischer Fehler des CSU-Innenministers, eine Kampagne gegen Salafismus ohne Einbeziehung der liberalen muslimischen Community aufzusetzen“, rügt der Grüne Siekmann. „Der Schaden, salafistische Opfererzählungen zu bedienen, statt zu bekämpfen, hätte vermieden werden können.“ Bei der Überarbeitung müsse die liberale muslimische Community mit am Tisch sitzen, „sie ist ein Verbündeter im Kampf gegen Extremismus“.

Innenminister Joachim Herrmann hatte sich vor vier Wochen bei einer Tagung der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung „ausdrücklich“ bei den Muslimen für das Video entschuldigt: „Die gewählte Bildsprache hat den nicht gewollten Eindruck erweckt, als ob sich die Kampagne generell gegen Muslime richten würde.“ Laut Antwort an die Grünen sind wegen des Clips Strafanzeigen bei der Staatsanwaltschaft München eingegangen und „im Prüfvorgang“.

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