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Zustand des Waldes: Den Schuss nicht gehört | ABC-Z

Eine neue Bilanz zeigt: Unsere Ansprüche an den Wald sind zu groß. Es geht in der Zukunft um seine Existenz.

Eggegebirge bei Lichtenau, Kreis Paderborn: der Fichtenwald wurde wegen Borkenkäferbefalls gerodet Foto: Jochen Tack/imago

Zwei Lehren lassen sich aus der neuen Bundeswaldinventur ziehen. Erstens gehört die Reduktion von Treibhausgasen in den Mittelpunkt der klimapolitischen Debatte. Selbstverständlich müssen wir der Natur die Möglichkeit geben, so viel CO2 zu speichen wie möglich. Dazu zählen die Wiedervernässung von Mooren und die extensive Nutzung von Wiesen. Doch was, wenn durch die Erderwärmung höhere Temperaturen und längere Trockenperioden die Vernässung von Mooren erschweren?

Dies ist kein haltloses Geunke, das zeigt der Wald, auf dem so viele Hoffnungen für den Klimaschutz lagen. In den Jahren der Dürre und des Schädlingsbefalls sind die Forste von einer Treibhausgas-Senke zu einer Quelle geworden; in Summe nehmen sie kein CO2 auf, sondern geben es ab. Das sollte all jene verunsichern, die weiter auf fossile Energieträger in Hei­zungen und Fahrzeugen setzen. Wir müssen raus aus Kohle, Öl und Erdgas, so schnell wie möglich. An der Abkehr von Autos mit Verbrennungsmotoren, Gasheizungen und dem Einstieg in E-Moblilität, Wärmepumpen und grünen Stahl führt kein Weg vorbei.

Die zweite Lehre: Unsere Ansprüche an den Wald sind zu groß, die Erzählung vom „multifunktionalen Wald“ hat sich überholt. In seinem jetzigen Zustand kann er nicht CO2, Wasser und Biodiversität speichern, Holz für den Bau, Papier und Brennstoffe liefern und auch noch Freizeitpark für alle sein. Für den Wald, das zeigt die Waldinventur des Thünen-Instituts, geht es in den kommenden Jahrzehnten um die Existenz.

Nicht nur die Fichten verschwinden aus der Fläche, auch Buchen und Eichen kämpfen. Es wird ein Kraftakt, den Wald zu erhalten. Um die Naturkrise – die sich in Klimawandel und Artensterben zeigt – zu lindern, brauchen Tiere und Pflanzen im Wald mehr Raum, auf Kosten menschlicher Nutzung.

Dass die Verbände von Waldbesitzern und der Energieholzbranche die neuen Zahlen am Dienstag sofort nutzten, um den Status quo zu feiern und ihre Geschäftsmodelle zu sichern, zeigt, dass sie den Schuss nicht gehört haben, der im Wald gefallen ist.

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