Malu Dreyer tritt zurück: So begründet die Ministerpräsidentin ihre Entscheidung | ABC-Z
„Ich muss mir eingestehen, dass meine Kraft nicht mehr ausreicht“, sagt Dreyer
Seit elf Jahren ist Malu Dreyer Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz und gehört damit aktuell zu den am längsten regierenden Länderchefs in Deutschland. Nun will die 63-jährige Sozialdemokratin ihr Amt aufzugeben. Auch ein Nachfolger steht schon fest.
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) hat ihren Rücktritt angekündigt. Nachfolger wird Sozialminister Alexander Schweitzer (SPD).
Sie habe feststellen müssen, dass ihre Kraft endlich ist und dass sie nicht mehr über die Energie verfüge wie in früheren Jahren, sagte Dreyer am Mittwoch auf einer Pressekonferenz. „Im normalen Leben würde man sagen: Meine Akkus laden sich nicht mehr so schnell auf“, erklärte die SPD-Politikerin. Die vergangenen Wochen mit Wahlkampf hätten ihr gezeigt, „dass ich einfach an die Grenzen komme“. Sie müsse sich eingestehen, dass ihre Kraft nicht mehr ausreiche.
Sie habe aber nicht ihre eigenen Ansprüche an die Amtsführung zurückschrauben wollen. Deshalb habe sie in den vergangenen die Entscheidung getroffen, ihr Amt abzugeben. Die SPD-Fraktion habe sich einstimmig hinter Schweitzer als Nachfolger gestellt.
Dreyer wählt damit den gleichen Weg der Amtsübergabe wie ihr Vorgänger Kurt Beck (ebenfalls SPD). Dieser hatte im September 2012 überraschend seinen Rückzug angekündigt, im Januar war Malu Dreyer als Nachfolgerin gewählt worden. Beck, der seinerzeit wegen der Nürburgringpleite angeschlagen war, begründete seinen Schritt mit gesundheitlichen Problemen. Dreyer will ebenso wie seinerzeit Beck einem Nachfolger Zeit geben, sich vor der nächsten Wahl im Amt des Regierungschefs bekannt zu machen und zu profilieren.
Schweitzer gilt schon länger als Hoffnungsträger der Partei. Der 50-jährige Südpfälzer war sieben Jahre lang Fraktionschef der SPD im Landtag, seit 2021 ist er Arbeits- und Digitalminister in Dreyers Kabinett.
Enttäuschung über jüngste Wahlergebnisse
Dreyer, die mit Vornamen eigentlich Marie-Luise heißt, gilt als sehr populär, mehrfach bewies sie in ihrer politischen Laufbahn Durchsetzungsvermögen. Derzeit sind nur der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und Reiner Haseloff (CDU) in Sachsen-Anhalt länger im Amt. 2016 gewann sie die Landtagswahl nach einem fulminanten Endspurt gegen CDU-Herausforderin Julia Klöckner. Zuletzt wurde sie im Mai 2021 wiedergewählt. Sie regiert zusammen mit den Grünen und der FDP.
Es war schon länger über ihren möglichen Rückzug spekuliert worden – oder das Gegenteil, nämlich die Verkündung einer erneuten Kandidatur bei der nächsten Landtagswahl 2026. Zunächst sollten aber die Ergebnisse der zeitgleich stattfindenden EU- und Kommunalwahl abgewartet werden. Bei beiden hat die Landes-SPD schlecht abgeschnitten. In Brüssel und Straßburg kann mit Spitzenkandidatin Katarina Barley, die aus Trier kommt, nur noch ein einziges SPD-Mandat besetzt werden, das zweite ging verloren. Auch bei den Kommunalwahlen fuhr die Partei Verluste ein und landete weit hinter der CDU.
Dreyer hatte sich enttäuscht über das Ergebnis gezeigt – und über die Tatsache, dass viele SPD-Wähler zur AfD abgewandert sind, die bei beiden Wahlen knapp fünf Prozent zulegte. Darauf müsse ihre Partei reagieren, sagte sie.
Seit 2004 lebt Dreyer mit ihrem Mann, dem früheren Oberbürgermeister Klaus Jensen, in einem Wohnprojekt in Trier. Zur Politik war die gebürtige Pfälzerin, die offen mit ihrer Multiple-Sklerose-Erkrankung umgeht, Mitte der 1990er-Jahre über die kommunale Ebene gekommen.