Weniger Straftaten, mehr Einsätze auf dem Oktoberfest | ABC-Z
Nach rund einer Woche Oktoberfest freut sich die Münchner Polizei über außerordentlich viele Selfie-Wünsche der insgesamt überwiegend „friedlichen und gut gelaunten“ Besucher, die sich mit Beamten fotografieren lassen wollten. Die erste Woche auf dem Festgelände sei geprägt gewesen von einem herzlichen Kontakt zu den Menschen, viele hätten sich „ausdrücklich für den Schutz bedankt“, teilt das Münchner Polizeipräsidium am Sonntag in der Halbzeitbilanz zur Wiesn mit. Die starke Präsenz der Polizei auf dem Festgelände – es sind rund 600 Polizisten im Einsatz – wird demnach von den Besuchern ausdrücklich begrüßt.
Grund zur Freude hat die Polizei aber vor allem in puncto Straftaten. Denn in fast allen Delikten verzeichnet die Polizei weniger Taten als zur Wiesn-Halbzeit im Jahr 2023. 317 Straftaten wurden bislang insgesamt festgestellt, deutlich weniger als im Jahr zuvor mit 479 Taten. In Gewahrsam genommen wurden bislang 101 Personen, im Jahr zuvor waren es 111 Personen.
Bislang noch nicht registriert wurden glücklicherweise Kapitaldelikte wie Raub oder Totschlag – 2023 waren es nach einer Woche Wiesn zwei Raubdelikte. Auch die Körperverletzungsdelikte haben deutlich abgenommen. Es waren bisher 84 Taten im Gegensatz zu 130 Fällen im Jahr 2023. 31 dieser Fälle gelten als gefährliche Körperverletzungen – achtmal war dabei ein Maßkrug im Spiel. Ein Jahr zuvor waren es noch 44 gefährliche Körperverletzungen, wo es zu 18 Taten mit dem Tatmittel „Maßkrug“ kam. Erfreulich ist auch, relativ gesehen, die rückläufige Anzahl der verletzten Beamten: Bislang wurden sechs Polizisten verletzt, 2023 waren es mit dreizehn Verletzten rund doppelt so viele.
Tipps gegen Handydiebstahl
Und es wird offenbar auch weniger gestohlen auf der Wiesn: 73 Diebstahlsdelikte registrierte die Polizei bislang, 108 waren es 2023. Die Taschendiebstähle, die in den Zahlen enthalten sind, gingen dabei stark zurück: Gerade mal 16 Fälle wurden bekannt, ein Jahr zuvor waren es 79. Wie jedes Jahr sind auch diesmal Taschendiebfahnder aus anderen Bundesländern und dem Ausland im Einsatz. So konnten am vergangenen Montag Fahnder aus Berlin drei Tatverdächtige im Alter von 17 bis 18 Jahren dabei beobachten, wie sie zügig ein Zelt verließen. Einer der jungen Männer versteckte zwei Handtaschen unter seiner Jacke. Auf der Toilette durchsuchte einer der Tatverdächtigen eine Tasche, steckte das Geld ein – mehrere Hundert Euro – und warf die Tasche dann in den Müll. Als die drei Männer das Geld aufteilen wollten, wurden sie von den Beamten festgenommen. Die Polizei rät daher nochmals dringend davon ab, Handtaschen oder Handys unter den Tischen oder Bänken abzulegen. Wertsachen sollten möglichst „körpernah“ und in verschlossenen Taschen getragen werden.
Leicht zurückgegangen sind auch Sexualdelikte mit 31 angezeigten Fällen (2023: 34). Bei einem Fall ist der Tatbestand der Vergewaltigung erfüllt: Ein Mann hatte einer Frau unter den Rock gegriffen und gegen ihren Willen sexuelle Handlungen vorgenommen. Im Verdacht steht ein 34 Jahre alter Rumäne, der auf dem Gelände tätig ist. Der Tatverdächtige hatte einer 22 Jahre alten Frau aus Großbritannien, die auf dem Parcours eines Schaustellerbetriebs gestürzt war, scheinbar aufhelfen wollen. Ein weiterer Fall wird gerade geprüft. 2023 wurden zur Halbzeit zwei Vergewaltigungen registriert.
Schnell an die Polizei wenden
Der Großteil der Sexualdelikte betrifft sexuelle Belästigungen sowie „Verletzungen des Intimbereichs durch Bildaufnahmen“, das sogenannte Upskirting. Hierbei wird Frauen unter den Rock fotografiert oder gefilmt. Die Polizei stellte dazu nochmals klar: Wer meine, „andere Personen mit sexueller Intention zu fotografieren oder zu filmen, zu begrapschen oder Schlimmeres, wird sich sehr schnell auf der Wiesnwache und anschließend in einem Strafverfahren wiederfinden“. Die Polizei appelliert an alle, sich frühzeitig an die Polizei, das Sicherheitspersonal oder andere Besucher zu wenden, wenn man sich plötzlich in einer Situation sehe, wo man „sich unwohl“ fühle.
Ebenso rückläufig sind Rauschgiftdelikte, was vor allem auf die gesetzliche Neuregelung zum Umgang mit Cannabis zurückzuführen ist. Es kam bisher zu 59 Anzeigen, 2023 waren es 151. Bei den meisten Fällen handelte es sich um Verstöße mit Kokain, wie die Polizei mitteilte.
Auch ein Brotzeitmesser wurde sichergestellt
Wegen der Zunahme von Messerangriffen und nicht zuletzt des Anschlags von Solingen wurden auf dem Oktoberfest die Zugangskontrollen verschärft. Bei drei Fällen haben Ordner am Einlass die Polizei hinzugezogen: Eine Anzeige nach dem Waffengesetz gab es wegen des „Mitführens eines Einhandmessers“, eine Anzeige wegen des Handels mit Betäubungsmitteln. Bei einer Besucherin wurde zudem „ein mitgeführtes Brotzeitmesser gefahrenabwehrend sichergestellt“.
Neben den vielen Polizisten wird die Sicherheit auf der Wiesn auch durch 54 Videokameras unterstützt. Durch diese Ergänzung der „Augen und Ohren“ der Polizisten können demnach Täter auf frischer Tat ertappt werden. Zudem können bei Notrufen die Aufnahmen den Einsatzkräften „live Informationen der Situation vor Ort“ zur Verfügung stellen.
Trotz des Rückgangs der verzeichneten Straftaten liegt die Zahl der Einsätze der Polizei mit 901 leicht über der Anzahl im Vorjahr, als es zu 838 Einsätzen kam. Die Einsätze gehen auf die Notrufe über die 110 zurück und auf die Wahrnehmungen der „uniformierten und zivilen Polizeikräfte“, die auf dem Festgelände unterwegs sind. Positiv wird in der Bilanz hervorgehoben, dass Besucher dem Appell der Polizei folgten und auch „sehr niederschwellig verdächtige Feststellungen“ über den Notruf mitteilten. Daher sei ein deutlicher Anstieg bei Einsätzen „wegen verdächtiger Personen“ zu verzeichnen. Rückte die Polizei 2023 zu drei dieser Einsätze aus, waren es dieses Jahr schon 25 dieser Einsätze. Diese Art der Zivilcourage sei positiv zu bewerten, so die Polizei. Auch weiterhin solle gelten: „Kommt Ihnen eine Situation oder Person verdächtig vor, verständigen Sie den Polizeinotruf 110!“