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Torwart Kaua Morais Vieira dos Santos: Der Hüne aus der Algorithmussuche – Sport | ABC-Z

Es war schon ein ulkiges Bild, wie sich am Samstag auf den Zuwegen zur Frankfurter Arena die Fußballfans mit dem Feiervolk mischten. Hier die Anhänger von Eintracht Frankfurt, die beim Abendspiel gegen Borussia Mönchengladbach (2:0) die nächste Spaßvorstellung ihrer Lieblinge erlebten. Dort die Besucher des Frankfurter Oktoberfests, das im Schatten der Arena für dreieinhalb Wochen dem Original in München nacheifert.

Einlass bekommt im Festzelt mit Eintracht-Jersey niemand: Der Veranstalter bittet „dem Frieden wegen, von Kleidung seines eigenen Teams abzulassen“. Dabei war die Hochstimmung an den beiden direkt nebeneinander liegenden Veranstaltungsorten ziemlich identisch. Die einen auf den Rängen feierten nach Toren von Hugo Larsson (31.) und Omar Marmoush (80.) mit dem dritten Sieg in Serie den nahezu perfekten Saisonstart, die anderen schmetterten auf den Bänken in Lederhosen und Dirndl die obligatorischen Oktoberfesthits.

Mittendrin in der Frankfurter Feierstunde einer, dem bis dahin das Stadion genauso fremd war wie die Tracht: Torwart Kaua Morais Vieira dos Santos, erst im vergangenen Jahr aus Rio de Janeiro nach Frankfurt gekommen, feierte eine überzeugende Heimpremiere, die viele der 58 000 Augenzeugen erstaunte. So aufmerksam und abgeklärt, so souverän und seriös muss einer in seinem ersten Bundesligaeinsatz über die volle Distanz erst mal spielen wie der 1,96-Meter-Hüne, der am Ende nicht mal davor zurückschreckte, seinen eigenen Verteidiger Artur Theate aus dem Weg zu räumen.

Da war in der Arena Anerkennung zu vernehmen – genau wie bei den gewaltigen Abwürfen des 21-Jährigen. Dazu kamen einige gute Paraden wie gegen Nathan Ngoumou (58.), ehe ihm beim Schuss von Rocco Reitz der Pfosten half (67.). Weil Santos in seiner Heimat in Jugendtagen viel Futsal spielte, zeigte er sich auch mit dem Ball am Fuß keine Spur nervös. Sein Vorbild ist diesbezüglich der brasilianische Nationaltorhüter Ederson bei Manchester City. Weil sich Stammtorwart Kevin Trapp in der Vorwoche beim VfL Wolfsburg (2:1) eine Oberschenkelverletzung zugezogen hat, wird der plötzlich präsente Vertreter wohl bis zum Heimspiel gegen den FC Bayern (6. Oktober) gebraucht.

Die erste Lektion für Santos in Deutschland: Pünktlichkeit

Auf ihn wartet als Nächstes die Europa-League-Premiere daheim gegen Viktoria Pilsen (Donnerstag, 21 Uhr). Trainer Dino Toppmöller hatte seit Längerem keine Bedenken, dem zweiten brasilianischen Ballfänger im deutschen Oberhaus nach Heurelho Gomes (2013, Hoffenheim) zu vertrauen, „weil wir die großen Entwicklungsschritte sehen“. Der eine oder andere will in der Nummer 40 schon die neue Nummer eins erkennen, weil Santos im Vergleich zu Trapp, 34, über die größere Geschmeidigkeit und die bessere Perspektive verfügt.

Aber gemach. Nach anderthalb Bundesligaspielen ist kein vertiefendes Urteil zu fällen. Fakt ist, dass Trapp, die Identifikationsfigur im Eintracht-Tor, vor der Heim-EM nicht grundlos bei Bundestrainer Julian Nagelsmann durchs Rüttelsieb fiel. Nun könnte auch im Klub die Konkurrenz an ihm vorbeiziehen. Frankfurts Torwarttrainer Jan Zimmermann setzte sich im vergangenen Jahr sehr dafür ein, 1,6 Millionen Euro Ablöse für ein Talent aus Südamerika zu bezahlen, das „über unseren Algorithmus, über Daten“ aufgefallen war, wie Sportdirektor Timmo Hardung erzählte.

Die datenbasierte Spielersuche auf einem globalen Markt gilt längst als Markenzeichen der Hessen. Bei Santos sind die Verantwortlichen mehr denn je überzeugt, einen guten Griff getätigt zu haben. Zudem kommt der Neue recht geerdet daher, der mit Frau Marya und Töchterchen Luisa inzwischen in der Mainmetropole lebt. Zimmermann hatte in einem klubeigenen Podcast erzählt, dass er die meiste Arbeit mit dem Nachwuchskeeper hatte, ihm gewisse Gepflogenheiten im deutschen Profifußball beizubringen.

„Wenn wir um 11 Uhr Training haben, gehört es bei uns dazu, um 10.15 Uhr im Gym anzufangen. Wenn ein Torwart das nicht macht, kann ich nicht sicher sein, dass er Profi wird.“ Also hat er seinen Schützling einmal morgens um 5 Uhr zum Küchendienst antanzen lassen, um ein besseres Zeitgefühl zu vermitteln. Seitdem sei Santos nicht nur immer pünktlich gekommen, sondern schicke Fotos von Gerichten, die er zu Hause selbst zubereitet hat. Da scheint einer schnell zu lernen.

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