München: Knickt die Stadt vor der Immobilienbranche ein? | ABC-Z
München – Die Stimmung der Baubranche war in den letzten ein, zwei Jahren so schlecht wie lange nicht. Auch in München wurden Projekte verschoben – oder abgeblasen.
Zuerst hat das Rathaus entschieden, der Baubranche mit Geld zu helfen. Mit 270 Millionen glich die Stadt den Anstieg der Baukosten aus. Fast 10.000 neue Wohnungen konnten auch deshalb 2023 fertiggestellt werden, sagt SPD-Chef Christian Köning.
Jetzt entschied der Stadtrat, auch die Bürokratie, die Vorschriften und die Prozesse im Rathaus anzupacken. Vor der Sommerpause hatte die AZ über die Ideen bereits berichtet.
Die Sobon zwingt Investoren zu sozialem Wohnungsbau
“Wohnungsbauoffensive” steht in der Überschrift der Sitzungsvorlage aus dem Planungsreferat. Angestoßen hatte diese Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). Und nicht nur seine Partei, sondern auch Grüne und CSU stimmten bei den wesentlichen Punkten zu.
Der CSU allerdings gehen die Maßnahmen nicht weit genug. Das betrifft vor allem die “Sozialgerechte Bodennutzung”. In Neubaugebieten zwingt die sogenannte Sobon Investoren dazu, einen Anteil an bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und die Infrastruktur mitzubezahlen.
2021 beschlossen Grüne und SPD eine Sobon-Reform und damit ein komplexes Baukastenmodell. Im Grundmodell müssen Investoren seitdem 60 Prozent Sozialwohnungen und preisgedämpfte Wohnungen bauen. Nicht nur die CSU schimpft, dass grünrot damit den Bogen überspannt und den Wohnungsbau komplett zum Erliegen brachte.
Jetzt beschloss der Stadtrat eine Korrektur. Wenn Bauherren die Sozialbindung von 40 auf 50 Jahre erhöhen, müssen sie insgesamt weniger geförderte Wohnungen bauen. Alexander Reissl (CSU) geht das nicht weit genug. Er forderte die neue Sobon zu kippen und zurück zu den Regeln von 2017 zu kehren.
Von Bauträgern seien tatsächlich laute Rufe gekommen, die Sobon auszusetzen, sagt SPD-Chef Christian Köning. “Aber das machen wir nicht. Wir kommen ihnen entgegen, aber nur, wenn wir etwas dafür bekommen.” Linken-Stadträtin Brigitte Wolf bezeichnete den Beschluss trotzdem als ein “Einknicken vor der Immobilienbranche” und als ein “Armutszeugnis”.
Weniger Vorschriften bei Stellplätzen und Dachgeschossausbau
Die Korrektur bei der Sobon ist nur eine von 30 Maßnahmen, die Bauen in München leichter – und vor allem günstiger machen sollen. Ein Kostentreiber seien bislang die Stellplätze, sagte Anna Hanusch (Grüne). Momentan verlangt das Rathaus, dass bei Neubauten 0,3 bis ein Stellplatz pro Wohnung gebaut werden. Oft errichten Investoren dafür Tiefgaragen. Auch, weil dann das Wasser nicht mehr so gut in der Erde versickern kann, sind die Grünen kein Freund davon.
Ab jetzt ist es deshalb möglich, die Stellplätze auf 0,1 pro Wohnung zu reduzieren. Auch der Ausbau von Dachgeschossen soll ab jetzt einfacher werden.