Politik

Warum Hochwassermarken nicht gegen die Klimakrise sprechen | ABC-Z

Die begreiflicherweise hartnäckigen Versuche, in der katastrophalen Hochwasserlage in Mitteleuropa auch Trost zu finden, haben schon viele in den Strudel gefährlicher Irritationen gezogen, die altes Wissen auf neuen Benutzeroberflächen bereithalten kann. Immer wieder tauchen etwa Fotos von historischen Hochwassermarken an Gebäuden, Mauern oder Brücken auf, die vehement gegen die Virulenz der Klimakatastrophenthese in Anschlag gebracht werden.

Das geht dann so: Wenn im Mittelalter die Kirche bis zur Oberkante Torbogen geflutet war, heißt das doch: Es kam schon schlimmer, auch ohne die Klimakatastrophe, die den Verbrennern und Fossilkraftwerken zugeschrieben wird. Jahrhunderthochwasser oder Jahrtausendfluten sind demzufolge Schicksal, wenn auch ein schlimmes, und künden vom natürlichen Lauf der Dinge.

„Euer Wille geschehe“

Zwei, drei oder sechs Jahrhunderthochwasser kurz hintereinander, wie zuletzt in unseren sonst so stabilen Gefilden, vermögen bei den Gestrigen den Eindruck des Außergewöhnlichen nur noch zu verstärken – statt Zweifel an der Statik des alten Weltbildes und der Brauchbarkeit alten Vokabulars zu wecken.

Fließend geht das dann manchmal über in eine berserkerhafte Unlust am Lernen, an der Gegenwart und an der Zukunft. Friedrich Schiller hat diesen Zustand der Rückwärts­gewandtheit in Wallensteins Tod mit seiner Bemerkung zum „Gefährlich Furchtbaren“ treffend zusammengefasst: „Das ganz Gemeine ist’s, das ewig Gestrige. Was immer war und immer wiederkehrt, und morgen gilt, weil’s heute hat gegolten“.

Die moderne Wissenschaft ihrerseits gerät zwangsläufig in gefährliche Fahrwasser, wenn sie darauf festgelegt wird, ihre aus Messungen und Computermodellen gewonnenen Klimaprognosen als Maßstab für unverrückbares Wissen zu präsentieren. Das weiß sie natürlich längst.

Weswegen der bisher noch allgemeine Hinweis der Klimatologen, wonach Starkregenereignisse wie die jüngsten statistisch um ein Fünftel intensiver und auch häufiger sind als zur Jahrhundertwende, durchaus auch dem Wunsch nach historischer Einordnung geschuldet ist. Quantitativ ist da noch einiges zu erwarten.

Datengetriebene, nach vorne gerichtete Forschung braucht ihre Zeit. Allerdings ist auch der demokratische Drive, der sich durch die Beharrungskräfte im Internet entfachen lässt, nicht zu unterschätzen. Dort sind die Plakate der österreichischen Populistenpartei FPÖ schon ein Hit. Knapp über der Hochwasserkante prangend, künden die Klimawandelleugner im zeitlosen Gestus vom Kommenden: „Euer Wille geschehe.“

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