Gesundheit

9/11-Helfer erkrankten häufig an früher Demenz – Gesundheit |ABC-Z

Als am 11. September 2001 die Türme des Word-Trade-Centers einstürzten, eilten Zehntausende Menschen herbei, um zu helfen: Feuerwehrleute, Sanitäter, Polizisten, Freiwillige und Bauarbeiter waren unter ihnen. Während sie versuchten, Leben zu retten, Verstorbene zu bergen und schließlich die gigantischen Schuttmengen beseitigten, riskierten sie ihre eigene Gesundheit – und dies nicht nur kurzfristig. Jüngstes Beispiel sind die Ergebnisse einer gerade im Fachblatt Jama Network Open publizierten Studie. Sie spricht dafür, dass die damaligen Helfer ein erhöhtes Risiko für eine frühe Demenz haben.

Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen um den Epidemiologen Sean Clouston von der New Yorker Stony Brook University hatten mehr als 5000 Menschen untersucht, die Rettungs- oder Aufräumarbeiten im Chaos von Ground Zero auf sich nahmen. 228 von ihnen entwickelten noch vor ihrem 65. Lebensjahr Symptome, die einer Demenzerkrankung entsprechen. Um welche Demenzformen es sich im Einzelnen handelte, untersuchten die Forscher nicht.

Solche frühen Demenzen sind relativ selten, in der Allgemeinbevölkerung muss pro Jahr etwa einer von 1000 Menschen mit dem Leiden rechnen. Unter den Helfern vom elften September aber entwickelten pro Jahr fast 15 von 1000 das frühzeitige kognitive Leiden.

Dabei zeigte sich, dass das Demenzrisiko umso größer war, je länger und intensiver die Menschen dem Staub und den Giften in dem Trümmerfeld ausgesetzt waren. Helfer, die Schutzkleidung und Atemmasken trugen oder aber nur kurz auf Ground Zero tätig waren, entwickelten mehr als doppelt so oft eine frühe Demenz wie die Allgemeinbevölkerung. Jene, die sich wochenlang ungeschützt durch Trümmer, Schutt und Asche arbeiteten, erhielten fast 40 Mal so häufig eine frühe Demenzdiagnose.

Große Unterschiede zwischen den weniger und stärker belasteten Helfern blieben auch bestehen, als die Forscher andere potenzielle Einflussfaktoren herausrechneten: etwa weitere Erkrankungen, Kopfverletzungen, psychische Belastungen infolge der Katastrophe, einen hohen Alkoholkonsum und – soweit bekannt – eine genetische Anfälligkeit für ein frühes Alzheimerleiden.

Es ist dennoch möglich, dass das hohe Demenzrisiko auf noch andere, in der Studie nicht berücksichtigte Faktoren zurückgeht. Die Autoren können daher keinen ursächlichen Zusammenhang zwischen den Bedingungen auf dem Trümmerfeld und den späteren Demenzen belegen. Mitautor Benjamin Luft nannte die Ergebnisse in einer Pressemitteilung vielmehr „einen wichtigen Schritt“ hin zu einem Nachweis, dass Staub und Giftstoffe infolge der Terroranschläge weiterhin verheerende Folgen für die Betroffenen haben.

Ein Zusammenhang zwischen Feinstaub und neurologischen Erkrankungen wird schon länger diskutiert

Die Autorinnen und Autoren berufen sich mit ihrer Einschätzung auch auf frühere Beobachtungen. Vorangegangene Arbeiten hatten bereits gezeigt, dass ehemalige 9/11-Helfer später verstärkt kognitive Probleme aufwiesen. In Hirnaufnahmen damaliger Einsatzkräfte waren Entzündungszeichen und Veränderungen, entdeckt worden, die für Alzheimer typisch sind.

In der Forschungsliteratur gibt es zudem Hinweise, dass hohe Feinstaubbelastungen generell Demenz begünstigt. Die besonders feinen Partikel mit einem Durchmesser von weniger als 2,5 Mikrometern können ins Gehirn gelangen, dort Entzündungsreaktionen auslösen und so das Organ schädigen.

Nach dem Einsturz des Word-Trade-Centers wurden rund um dessen Überreste mehr als sechs Wochen lang erhöhte Konzentrationen dieser feinen Teilchen gemessen. Allerdings unterschied sich der Staub, der beim Einsturz der Zwillingstürme aufgewirbelt wurde, vom gewöhnlichen Feinstaub, der aus Verkehr, Kohlekraftwerken und Industrieanlagen stammt. Der Dunst, der damals über der Unglücksstelle lag, enthielt unter anderem pulverisiertes Glas, Blei, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe und Dioxine, schreiben die Autoren der aktuellen Studie. Inwieweit sie direkt oder indirekt die Schädigung des Gehirns verstärken, ist bislang nicht sicher zu sagen.

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