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Champions League: Deshalb ist Dumfries für Inter so wichtig – Sport | ABC-Z

Man findet sie noch, die Bilder, mit denen die Geschichte des Denzel Dumfries beginnt. In den Untiefen des Internets vergraben, verzerrt und verpixelt sieht man dort einen jungen Fußballspieler in einem gelben Nationaltrikot, der sein erstes Tor für Aruba bejubelt. 17 Jahre alt war Dumfries damals, als er auf die etwa 5000 Kilometer von Europa entfernte Karibikinsel flog, von der sein Vater stammt, um Freundschaftsspiele zu bestreiten. Die Zeit hatte er: Mehrere Profiklubs hatten ihn nicht in ihre Jugendmannschaften aufgenommen und wenn eine Karriere so früh bereits zu scheitern droht, könnte man Aruba auch einfach als die höchstmögliche Ambition akzeptieren. Nicht aber Dumfries, der seinen Vornamen vom Schauspieler Denzel Washington innehat und den inneren Antrieb eines Filmhelden besitzt.

Dem damaligen Nationaltrainer Giovanni Franken sagte er 2014 nach zwei Auftritten in der Karibik für die kommenden Pflichtspielpartien ab, mit einer Begründung, die damals noch eher größenwahnsinnig wirkte: Er wollte demnächst für die niederländische Nationalmannschaft spielen und ein bedeutender europäischer Fußballer werden. Dann flog Dumfries von Aruba nach Hause und setzte seinen Plan in die Tat um.

Tausende gestochen scharfe Bilder, auf denen Dumfries zu sehen ist, findet man von der vergangenen Woche, in der er den vielleicht dominantesten Auftritt seiner bisherigen Karriere hingelegt hatte. Zwei Tore erzielte er im Halbfinal-Hinspiel gegen den FC Barcelona, hatte sogar noch die Gelegenheit zu einem dritten und bestimmte das Spiel, weil er als eine Art Gegengewicht fungierte. Immer dann, wenn sich auf der einen Seite des Spielfelds der feinfüßige Lamine Yamal gerade durch die Inter-Defensive gedribbelt hatte, fand Dumfries auf der anderen Seite eine wuchtige Antwort aus dem Spiel heraus oder agierte als Zielspieler bei Standards.

Der Strafraum liegt ihm als groß gewachsener Spieler auf natürliche Weise, seine größte Qualität aber kann man im Spiel erkennen: Wie eine Dampfwalze schiebt sich Dumfries in die gegnerische Hälfte. Eine ungemeine Energie kann der Sprinter Dumfries dann entfalten, der als Jugendlicher die 100 Meter in elf Sekunden lief und dem der früher auf ähnliche Weise durch Europas Fußballstadien dampfwalzende Edgar Davids einmal Privattraining gab.

Bei Inter Mailand hat Dumfries seine perfekte sportliche Heimat gefunden

In den Niederlanden wurde Dumfries bereits häufiger mit Davids verglichen, von Menschen, die ihr Geschäft verstehen: „Wir hatten mal einen Pitbull, und sein Name war Edgar Davids. Erinnern Sie sich? Jetzt habe ich wieder einen Pitbull, und sein Name ist Denzel Dumfries. Das ist ein Kompliment“, sagte sein damaliger Bondscoach Louis van Gaal vor einigen Jahren über Dumfries. 63 Länderspiele hat er inzwischen für die Niederlande bestritten, bei EM- und WM-Turnieren in der Startelf gespielt, die mutige Vorhersage des jungen Kerls in Aruba hat sich eindrucksvoll bewahrheitet. Nicht zuletzt auch, weil er die PSV Eindhoven 2021 verließ, um bei Inter Mailand eine für ihn perfekte sportliche Heimat und in Simone Inzaghi einen Mentor zu finden. Dumfries’ Rolle als Schienenspieler kommt am besten in einer Dreierkette zur Geltung – und die spielt derzeit im Spitzenfußball kaum eine Mannschaft so hingebungsvoll wie Inzaghis Inter.

Dass man sich in Mailand nach dem 3:3 im Hinspiel weiterhin berechtigte Hoffnungen auf einen Finaleinzug macht, liegt daher in erster Linie an Dumfries, der in seiner Paraderolle die Schwächen der Mannschaft von Hansi Flick vielleicht am besten offenlegen kann. Die Schaltzentrale von Inter Mailand, das Mittelfeld mit Hakan Çalhanoğlu und Nicoló Barella, wurde von Barcelona im Hinspiel übertrumpft; die Abwehrspieler Franceso Acerbi und Alessandro Bastoni, nach dem Viertelfinale noch von Thomas Müller geadelt, wirkten etwas hüftsteif im Gewusel; und Dumfries’ Pendant auf der linken Seite, der viel gelobte Vollblut-Interista Federico Dimarco, ist nach einer Verletzung noch auf der Suche nach seiner Form.

Weil der Einsatz von Lautaro Martínez im Sturm weiterhin unsicher ist, bleiben daher der Stürmer Marcus Thuram und eben Dumfries übrig, die sich nicht nur ihre karibischen Wurzeln teilen, sondern auch eine ähnliche Spielweise: Gegen die risikoreiche Abseitsfallen- und die anfällige Standard-Verteidigung von Barcelona sind energische Sprinter und Strafraumliebhaber die besten Waffen, die Inter zur Verfügung hat.

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