USA ziehen Personal ab – Steht ein Militärschlag gegen Atomanlagen kurz vorweg? | ABC-Z

Washington. Die US-Atomgespräche mit Teheran drohen zu scheitern. Trump lässt Personal aus dem Nahen Osten evakuieren. Iran droht mit Vergeltung.
Keine zwei Wochen her, dass Donald Trump auffallend Optimismus versprühte, was die Verhandlungen mit dem Iran über das Atom-Programm des Mullah-Regimes anbelangt.
Tenor: Sein Chef-Unterhändler Steve Witkoff komme in den Gesprächen mit dem iranischen Außenminister Abbas Araghchi voran. Die Chancen, auf dem Verhandlungsweg eine friedliche Lösung dafür zu finden, dass dem Iran verunmöglicht wird, Atomwaffen herzustellen, ohne dass die Atomanlagen des Landes bombardiert werden müssten, seien gut.
Trump: „Ich bin viel weniger zuversichtlich“
Davon ist seit Mittwoch keine Rede mehr. „Ich bin viel weniger zuversichtlich, dass ein Abkommen zustande kommt“, sagte der US-Präsident in einem Interview. Etwas sei „mit ihnen passiert” (mit dem Iran, Anm. d. Red.), sagte Trump. „Sie scheinen zu verzögern, und ich finde das schade.”
Iranische Atomanlagen könnten zur Zielscheibe werden, wenn sich US-Präsident Donald Trump von der Idee verabschiedet, Teheran auf dem Verhandlungsweg vom Bau einer Nuklearwaffe abzubringen.
© ABEDIN TAHERKENAREH/epa/dpa | ABEDIN TAHERKENAREH
Trump betont seit Monaten, dass der Iran niemals Atomwaffen besitzen dürfe. Ohne eine Einigung seien militärische Maßnahmen, auf die Israel seit Langem drängt, unausweichlich.
Sollte es dazu kommen, droht im Mittleren Osten ein kriegerischer Flächenbrand. Trump hatte eine Frist von zwei Monaten für einen Deal mit dem Iran gesetzt, die in dieser Woche abläuft. Aber von einer Einigung keine Spur. Im Gegenteil. Es mehren sich Anzeichen für eine substanzielle Verschlechterung der Lage. „Ein militärisches Szenario rückt immer näher”, sagte ein Experte im Außenministerium in Washington dieser Zeitung.
Die Indizien:
– Ob die für das Wochenende im Oman geplante sechste Verhandlungsrunde zwischen Teheran und Washington stattfindet, ist fraglich. Die US-Seite beklagt, dass Teheran bisher nicht verbindlich auf ein Angebot reagiert habe, das – anders als zunächst angedacht – die vollständige Einstellung des iranischen Atomprogramms vorsieht.

Auf dem Weg zu „Les Miserables“ im Kennedy-Center von Washington wurde Donald Trump am Mittwochabend zu den Evakuierungen aus dem Nahen Osten befragt. Seine Antwort löste Beunruhigung aus.
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– Das US-Außenministerium und das Verteidigungsministerium ziehen kurzfristig nicht unbedingt erforderliches Personal aus der US-Botschaft in Bagdad/Irak sowie etliche Familienangehörige von Militärs aus mehreren Stützpunkten am Golf kurzfristig ab, wo insgesamt rund 52.000 US-Soldaten stationiert sind. Trump bestätigte am Mittwochabend beim Besuch einer Theater-Vorstellung im Kennedy-Center in Washington die vorbeugenden Evakuierungen: „Sie werden rausgebracht. Es könnte ein sehr gefährlicher Ort werden. Wir werden sehen, was passiert. Iran darf keine Atomwaffe haben. Wir werden das nicht erlauben.”
Trump: „Iran darf keine Atomwaffe haben. Wir werden das nicht erlauben.”
– Trump hat am Wochenende mit seinem nationalen Sicherheitsteam auf dem Präsidenten-Landsitz Camp David getagt. Danach sagte der Oberkommandierende für den Nahen Osten, General Michael Derilla, er habe den Präsidenten mit einer „ganzen Reihe von Optionen versorgt”. Die USA seien in der Lage, mit „überwältigender Kraft” gegen den Iran vorzugehen, sollten die Atom-Verhandlungen scheitern.
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– Ins Bild passen frische Warnungen der britischen Regierung an die internationale Schifffahrt. Es gebe „erhöhten Spannungen“ im Nahen Osten, „die zu einer Eskalation der militärischen Aktivitäten führen könnten“, hieß es am Mittwoch. Reedern wurde empfohlen, den Arabischen Golf, den Golf von Oman und die Straße von Hormus „mit Vorsicht zu passieren”.
– An diesem Donnerstag wird der Gouverneursrat der Internationalen Atom-Energie-Behörde IAEO in Wien voraussichtlich über eine Resolution abstimmen, in der Teheran wegen Nichteinhaltung seiner nuklearen Verpflichtungen verurteilt wird. Iran hat für diesen Fall mit einer Eskalation seines Atomprogramms gedroht. Hintergrund: Generaldirektor Rafael Grossi berichtete, dass der Iran die Menge an waffenfähigem Material drastisch erhöht hat und inzwischen über einen Vorrat von 900 Pfund Nuklear-Brennstoff verfügt; nur einen kleinen Schritt entfernt von dem, was für eine Atomwaffe verwendet werden könnte.

Rafael Grossi, Chef der Internationalen Atomenergie-Behörde, fährt schweres Gesschütz gegen Teheran auf.
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Das alles spielt sich vor einem prekären Hintergrund ab: In Washingtoner Geheimdienstkreisen wachsen die Sorgen, dass Israel kurzfristig auf eigene Faust Raketen-Angriffe auf die teils unterirdischen Anlagen durchführen könnte, in denen der Iran Uran anreicht, was zur Herstellung von nuklearen Sprengköpfen benötigt wird. Teheran hat für diesen Fall mit massiver militärischer Vergeltung gedroht.
Iran will Atomprogramm für friedliche Nutzung
Donald Trump hatte den israelischen Premierminister Benjamin Netanyahu kürzlich gebeten, auf diese Eskalation bis auf Weiteres zu verzichten, um die Gespräche mit Teheran nicht zu gefährden. Ob diese Bitte heute noch gilt, ist nicht bekannt. Der Iran strebt nach eigenen Angaben keine Atomwaffen an, bekräftigte Außenminister Araghchi, verlangte aber, dass seinem Land die friedliche Nutzung seines Atomprogramms nicht verwehrt werden dürfe. Sprich: eine kleine Menge schwach angereichertes Uran für zivile Zwecke.
Hauptstadt Inside von Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE Zentralredaktion
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Genau das lehnt Trump neuerdings rigoros ab. Irans Verteidigungsminister Aziz Nasirzadeh drohte am Mittwoch mit Vergeltungsschlägen gegen US-Stützpunkte im Nahen Osten, sollten die USA oder ihre Verbündeten militärisch gegen sein Land vorgehen.