30 Sekunden sorgen für Verwüstung | ABC-Z
Sydney. 30 Sekunden tobt ein Erdbeben und verwüstet den Inselstaat Vanuatu. Es gibt 14 Tote und 200 Verletzte – aber auch Hilfe aus dem Ausland.
Das Gebäude im Zentrum von Port Vila ist komplett kollabiert: Aufnahmen, die Einheimische auf sozialen Medien gepostet haben, zeigen die Trümmer, die flach „wie ein Pfannkuchen“ daliegen. Medienberichten zufolge sind mindestens vier größere Gebäude in der Hauptstadt Vanuatus bei dem Erdbeben der Stärke 7,3 eingestürzt, das den Pazifikstaat am Dienstagnachmittag erschüttert hatte. Rund 30 Sekunden reichten dafür aus.
Wie viele Menschen noch unter den Trümmern begraben liegen, ist bisher unklar. Inzwischen sind 14 Todesopfer bestätigt worden, 200 weitere sind verletzt. Das berichtete die Delegationsleiterin der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften für den Pazifikraum, Katie Greenwood, auf der Plattform X unter Berufung auf Regierungsangaben. Die Zahlen dürften noch steigen.
Schweres Erdbeben erschüttert Inselstaat: Situation ist „schlimm“
Der lokale Geschäftsmann Michael Thompson bestätigte, es seien „Menschen in den Gebäuden der Stadt“ gewesen, die eingestürzt seien. „Als wir vorbeigingen, waren dort Leichen“, sagte er gegenüber dem australischen Sender ABC. Ein Erdrutsch auf einer Straße habe einen Bus erfasst, „es gibt also offensichtlich einige Tote“, meinte er. Das Beben ließ laut Thompson auch mindestens zwei Brücken einstürzen. Auch die meisten Mobilfunknetze seien unterbrochen.
„Ich habe mit der Polizei vor Ort gesprochen, und obwohl sie keine Angaben zu den Opferzahlen machen wollten, sagten sie, dass die Zahl definitiv höher sei als der bereits bestätigte Todesfall“, schrieb auch der in Vanuatu ansässige Journalist Dan McGarry auf X. Später berichtete er von einem Rundgang in der Stadt, bei dem er mindestens zwei eingestürzte Gebäude gesehen habe.
Die Situation sei „schlimm“. Menschen seien gestorben und viele weitere verletzt worden. Einige hätten ihr Zuhause verloren und Reparaturen würden sich wahrscheinlich über Jahre hinziehen, wie es immer nach einer Katastrophe der Fall sei. Laut McGarry sind sowohl die Landebahn des Flughafens als auch das internationale Schifffahrtsterminal beschädigt. „Aber die Menschen ziehen an einem Strang, wie nur Vanuatu es kann. Wir werden das durchstehen. Das machen wir immer“, schrieb er.
Auffällig ist auf den Videos, die derzeit aus Vanuatu kommen, dass die Menschen trotz der Katastrophe mit viel Ruhe an die Rettungsarbeiten gehen. Dies liegt vermutlich daran, dass sie Naturkatastrophen gewöhnt sind. Vanuatu gilt als das gefährlichste Land der Erde, was die Naturgewalten angeht. Erdbeben, Tsunamis, Vulkane, Wirbelstürme und Überschwemmungen suchen die kleine Inselnation, die aus 80 Inseln besteht und etwa 330.000 Einwohner hat, besonders häufig heim.
Très fort tremblement de terre au Vanuatu, ambassade détruite (déchirée en 2, rez-de-chaussée ambassade 🇺🇸 écrasée), personnel sain et sauf mais nombreuses victimes dans le pays, vols suspendus, comm coupées, ni eau ni électricité, organisons secours 🇫🇷🇦🇺🇳🇿., num urgence à venir pic.twitter.com/IZjr2VjVGu
— Jean-Baptiste Jeangène Vilmer (@jeangene_vilmer) December 17, 2024
2015 verwüstete der Wirbelsturm Pam den Inselstaat im Südpazifik. 75.000 Menschen, damals etwa ein Drittel der Gesamtbevölkerung, verloren ihr Zuhause. 96 Prozent der Ernten wurden zerstört. Die kleine Insel Ambrym erlebte im selben Jahr sogar eine fast biblische Apokalypse. Erst erschütterte ein Erdbeben das Eiland, danach brach der Vulkan der Insel aus und zu guter Letzt kam dann noch Pam, einer der mächtigsten Stürme, den der südliche Pazifik je erlebt hat.
Erdbeben hatte Wucht des Mount St. Helen-Ausbruchs von 1980
Das Beben vom Dienstag, das sich in einer Tiefe von 57 Kilometern, etwa 30 Kilometer vor der Küste, ereignete, ist laut eines Experten nun ebenfalls ein Jahrhundertereignis. Fabio Capitanio von der School of Earth Atmosphere and Environment der australischen Monash University, verglich die Stärke im Interview mit der ABC mit der Explosion des Mount St. Helens in Washington in den USA im Jahr 1980.
Der Journalist McGarry bestätigte ebenfalls, es sei das schlimmste Beben, das er in über 20 Jahren vor Ort erlebt habe. Auch ein deutscher Auswanderer in Vanuatu berichtete in einer kurzen Nachricht über Facebook Ähnliches. Die Lage in Port Vila sei „unübersichtlich“, schrieb er. Man müsse „von einigen Opfern ausgehen“.
Wie schwer das Beben die Hauptstadt getroffen hat, wird besonders auch an dem Gebäude deutlich, in dem sich die vor wenigen Monaten neu eröffnete US-Botschaft befindet. Auch hier scheint ein ganzer Stock in sich zusammengebrochen zu sein. Vonseiten der US-Botschaft in Papua-Neuguinea hieß es am Dienstagnachmittag dann aber, man habe alle Kolleginnen und Kollegen erreicht und sie seien in Sicherheit. Nach dem großen Beben erschütterten mehrere kleinere Nachbeben den Inselstaat, eine Tsunami-Warnung wurde später aber wieder aufgehoben.
Australien und Neuseeland bieten nach Erdbeben Hilfe an
Das Vila Central-Krankenhaus hat bereits ein Triage-Zentrum für einen Massenanfall von Verletzten außerhalb der Notaufnahme aufgebaut. Australiens und Neuseelands Premierminister boten dem Nachbarland Hilfe an. „Wir Australier denken an unsere Freunde und Nachbarn in Vanuatu nach dem verheerenden Erdbeben, das heute Nachmittag ihre Heimat erschütterte“, schrieb Australiens Premier Anthony Albanese auf sozialen Medien. Man sei bereit, „den Menschen in Vanuatu auf jede erdenkliche Weise zu helfen“. Auch sein neuseeländischer Kollege Christopher Luxon schrieb, er sei „in Gedanken“ bei den Menschen in Vanuatu.
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Vanuatu ist nicht nur wegen des hohen Risikos für Naturkatastrophen gefährdet. Der Inselstaat wird wie viele seiner Nachbarn auch von dem steigenden Meeresspiegel bedroht. Fluten sind häufiger geworden und Vanuatu verzeichnete 2006 das weltweit vermutlich erste Dorf, das aufgrund des steigenden Meeresspiegels umgesiedelt werden musste. Etwa hundert Einwohnerinnen und Einwohner des Dorfes Lateu auf dem Tegua-Atoll mussten damals auf höheren Grund umziehen, nachdem ihr Dorf durch eine Flut unbewohnbar geworden war.