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Dänemark, Norwegen, Kroatien: Warum die Handball-WM in drei Ländern stattfindet – Sport | ABC-Z

Eine gute Nachricht vor dem Start dieser ersten Handball-WM in drei Ländern: Was die Laufwege angeht, hätte es für die deutsche Nationalmannschaft schlimmer kommen können. Die Franzosen etwa, die traditionell als Mitfavorit gelten, müssen viel öfter und weiter reisen. Frankreich spielt die Vorrunde in der kroatischen Küstenstadt Poreč; zur Hauptrunde steht der erste Umzug an, 350 Kilometer weiter nach Varaždin. Erreicht die Mannschaft von Trainer Guillaume Gille das Viertelfinale, geht’s weiter nach Zagreb (nochmal 90 Kilometer). Und erreicht sie das Halbfinale, muss das Flugzeug her: Das Semifinale findet in der norwegischen Hauptstadt Oslo statt, wie auch das Endspiel.

Poreč, Varaždin, Zagreb, Oslo: Das ist mächtig viel Reiserei. Der Wettbewerbsnachteil wird besonders deutlich mit Blick auf den Weg zweier Konkurrenten: Norwegen und Schweden absolvieren ihr komplettes Turnier an einem Standort, in Oslo.

Und die Deutschen? Fahren mit dem Bus zur Vorrunde ins dänische Herning und können dort im Erfolgsfall bis zum Ende der Hauptrunde verweilen. Die ersten sechs Spiele an einem Ort, diese Aussicht hätten zumindest die Franzosen auch gern. Erreicht Deutschland das Viertelfinale, stünde der einzige Umzug an, nach Oslo.

Die deutschen Spieler wissen um diese Vorzüge. Allein der Umstand, zwischen einem möglichen Viertel- und Halbfinale nicht durch halb Europa fliegen zu müssen, kann von großem Wert sein. Es sei schon „eine Frage der Chancengleichheit, wenn ein Team vor dem Halbfinale eine große Reise machen muss und das andere nicht“, sagt Timo Kastening, der deutsche Rechtsaußenspieler. Auch für die französischen Fans ist der Reiseaufwand ungleich höher als für die Deutschen, Norweger oder Schweden. Kastening fühlt mit, es sei „sehr schade, wenn Fans zu Hause bleiben, die sonst ihr Team unterstützt hätten“.

Es gibt kaum noch Länder, die sich zutrauen, eine Handball-WM allein auszurichten

Doch an solche Szenarien muss man sich im Welthandball gewöhnen. 32 Länder nehmen mittlerweile an Welttitelkämpfen teil, vor ein paar Jahren waren es 24. Es gibt kaum noch nationale Handballverbände, die es sich zutrauen, ein Mammutturnier mit 108 Spielen in drei Wochen im Soloflug durchzuziehen. Allein was die Kosten, Hallenkapazitäten und den Organisationsaufwand angeht. In Deutschland mit seinen zahlreichen großen Arenen jenseits der 10 000 Zuschauer ist dies möglich, deshalb veranstaltet der Deutsche Handballbund (DHB) die WM 2027 ohne Partner. Danach, im Jahr 2029, ist Deutschland erneut dabei, als Co-Partner der Franzosen, ehe sich 2031 wieder drei Länder (Dänemark, Island, Norwegen) die Ausrichtung teilen.

Bei Europameisterschaften sieht es ähnlich aus. Deutschland hat es 2024 allein geschafft; in den Jahren 2026, 2028 und 2030 teilen sich jeweils drei Länder die Organisation. Dabei kommt es zu auf den ersten Blick unerwarteten Allianzen: 2028 tun sich die Nachbarländer Spanien und Portugal zusammen, was geografisch Sinn ergibt. Weil es einen dritten Partner benötigte, fiel die Wahl auf: die Schweiz.

Noch eine Sache, die auffällt: Es sind oft dieselben Nationen, die sich um die Ausrichtungen bewerben. 2021 ging das Weltturnier nach Ägypten, danach bekamen nur noch auf Europäer den Zuschlag. Nimmt man Welt- und Europameisterschaften zusammen, richtet Deutschland bis 2032 drei weitere große Turniere aus (WM 2027, WM 2029, EM 2032). Die Dänen kommen auf die stattliche Zahl von zwei Weltmeisterschaften (2025, 2031) und zwei Europameisterschaften (2026, 2030). Ein Problem? Die Vielfalt leidet zwar, allerdings sind in diesen Ländern volle Hallen und tolle Stimmung garantiert. Das wissen die übergeordneten Verbände IHF und EHF.

Einen Nachteil hat der Standort Herning für die Deutschen bei dieser WM allerdings: Hier steht zwar die größte Mehrzweckhalle Dänemarks, die extrem stimmungsvolle Jyske Bank Boxen (15 000 Zuschauer), die das erfolgreiche dänische Team als „Wohnzimmer“ bezeichnet und in der sogar Lady Gaga auftritt. Ansonsten ist Herning aber klein. 50 000 Einwohner, kaum Hotels, deshalb wohnt das deutsche Team während der ersten Turnierphase 40 Kilometer weiter im größeren Silkeborg. Da mutet es schon kurios an, dass die große Royal Arena in der Hauptstadt Kopenhagen (12 500 Zuschauer) bei der Vergabe nicht berücksichtigt wurde.

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