25 Prozent Lohnerhöhung zu wenig: Boeing-Mitarbeiter streiken – Konzern rutscht tiefer in die Krise | ABC-Z
25 Prozent Lohnerhöhung zu wenig
Boeing-Mitarbeiter streiken – Konzern rutscht tiefer in die Krise
13.09.2024, 11:33 Uhr
Erstmals seit 2008 streiken die Mitarbeiter bei Flugzeugbauer Boeing. Die angebotene Lohnerhöhung von 25 Prozent reichen einer überwältigenden Mehrheit der Beschäftigten nicht aus. Die Belegschaft kritisiert mehrere Punkte im neuen Tarifvertrag. Für den kriselnden Konzern könnte der Streik weitere Milliardenverluste bedeuten.
Beim kriselnden Flugzeugbauer Boeing ist die größte Gewerkschaft in den Streik getreten. Die rund 33.000 Beschäftigten bauen unter anderem das Bestseller-Modell Boeing 737. Sie lehnten mit einer Mehrheit von mehr als 90 Prozent eine Einkommenserhöhung von 25 Prozent über eine Laufzeit von vier Jahren ab.
Die Gewerkschaft IAM hatte ursprünglich eine Erhöhung um 40 Prozent gefordert. In der Abstimmung am Donnerstag wurde die erst am Sonntag ausgehandelte Vereinbarung mit einer Mehrheit von 94,6 Prozent abgelehnt. Für den Streik stimmten 96 Prozent. Er begann um Mitternacht, wie die Gewerkschaft mitteilte. Die IAM hatte zuvor die Annahme der Einigung empfohlen. Laut Gewerkschaftvertreter Jon Holden sei es nicht ausgemacht, dass durch Streiks noch mehr herausgeholt werden könne.
Auch Standort-Zusagen reichten nicht
Das Abkommen sah auch Verbesserungen bei Gesundheitskosten und Ruhestand vor. Boeing sagte außerdem zu, neue Modelle in den gewerkschaftlich organisierten Werken zu bauen. Das war eine zentrale Forderung der Gewerkschaft, nachdem Boeing vor mehr als einem Jahrzehnt ein Werk ohne Gewerkschaftsvertretung im Bundesstaat South Carolina eingerichtet hatte, um das Modell 787 Dreamliner zu produzieren.
Kritik an der Einigung umfasst unter anderem den Wegfall leistungsabhängiger Bonuszahlungen und die Lohnanhebung in Schritten über vier Jahre. Seit der letzten Lohnerhöhung sind darüber hinaus zehn Jahre vergangen. Kritiker betonen, der angebotene Deal gleiche daher für viele Mitarbeiter nicht einmal den Kaufkraftverlust durch die Inflation aus.
Boeing kämpft nach einer Pannenserie mit Problemen und verliert Geld. Unter anderem lässt die Luftfahrtaufsicht FAA die Produktion der 737 nicht ausbauen, bis der Konzern Qualitätskontrollen verbessert. Auslöser für neue Kritik war ein Zwischenfall im Januar, bei dem ein Rumpf-Fragment 737-9 im Steigflug herausbrach. Nach Erkenntnissen der Unfallermittlungsbehörde NTSB fehlten an dem Bauteil Befestigungselemente. Boeing konnte keine Unterlagen zur Installation des Rumpf-Fragments finden.
Vergangener Streik kostete Boeing zwei Milliarden Dollar
Management und Gewerkschaftsführung hatten in den vergangenen Tagen an die Belegschaft appelliert, den Tarif-Deal zu akzeptieren. Der neue Boeing-Chef Kelly Ortberg warnte, dass ein Streik den Weg aus der Krise erschweren werde. Die Chefin der Verkehrsflugzeug-Sparte, Stephanie Pope verwies auf den Schuldenberg von mehr als 60 Milliarden Dollar und sagte, der Konzern sei so weit entgegengekommen wie möglich.
Die Gewerkschaft hatte zuletzt 2008 gestreikt. Der Ausstand dauerte 57 Tage und kostete den Konzern nach Analystenschätzungen rund zwei Milliarden Dollar. Danach nahmen die Beschäftigten Nullrunden oder Kürzungen hin – ein Grund dafür, dass sie jetzt deutlich mehr erreichen wollen. Ein Boeing-Arbeiter kritisierte im Gespräch mit dem “Wall Street Journal”, dass das Einstiegsgehalt nach dem neuen Vertrag mit 21 Dollar pro Stunden auf dem Niveau einer lokalen Burger-Kette liege.
