Satelliten blicken auf den Krieg im Iran: Wie Israel die iranischen Atomanlagen beschießt | ABC-Z

Kurz nach Beginn der israelischen Angriffe gelangen gestochen scharfe Satellitenfotos an die Öffentlichkeit. Die Aufnahmen enthüllen Einschläge inmitten iranischer Anlagen. Wie schwer ist das Atomprogramm der Mullahs getroffen?
Die israelischen Angriffe haben im Iran bereits in den ersten Tagen des Krieges schwere Schäden angerichtet. Hochauflösende Satellitenbilder belegen Treffer an einer ganzen Reihe von Standorten des iranischen Atomprogramms. Israelische Kampfjets nehmen jedoch nicht nur Forschungszentren und Anreicherungsanlagen ins Visier.
Die Atomanlagen Fordo stehen unter besonderer Beobachtung: An dem Standort bei Ghom, rund 90 Kilometer südlich von Teheran, sind in den vergangenen Jahrzehnten ausgedehnte Bunker und Tunnelanlagen entstanden. Die Arbeiten am iranischen Atomprogramm laufen dort teils in einer Tiefe von bis zu 90 Metern unter der Erdoberfläche.
Blick aus dem All auf die Atomanlage Fordo im Iran:
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Die iranische Atomanlage Natans zum Beispiel wurde gleich in der ersten Welle der israelischen Angriffe mehrfach getroffen. Der Vorher-Nachher-Bildvergleich ermöglicht eine erste Schadensanalyse aus der Distanz:
Die Aufnahmen stammen aus den Beständen kommerzieller Satellitenbildanbieter wie Maxar Technologies und Planet Labs, die auf Hightech-Kameras an Bord verschiedener Erdbeobachtungssatelliten in der Erdumlaufbahn zugreifen können. Die gestochen scharfen Fotos aus Natans stammen aus dem Januar 2025 (“Vorher”) beziehungsweise vom 14. Juni 2025 (“Nachher”).
In der rund vier Quadratkilometer großen und hermetisch abgeriegelten Anlage sind mehrere Treffer im inneren Ring erkennbar. Nach Ansicht westlicher Beobachter zielte die erste israelische Angriffswelle unter anderem auf die Stromversorgung des Geländes: Im Nordwesten der Anlage schlugen israelische Geschosse offenbar in das lokale Umspannwerk ein.
Explosions- und Brandspuren weisen am Tag nach dem Beginn der israelischen Angriffe auch mindestens vier weitere Gebäude in Isfahan auf. Durch die Einschläge im Umspannwerk und den nachfolgenden Stromausfall seien die Einrichtungen zur Urananreicherung in Natans “mindestens schwer beschädigt, wenn nicht sogar komplett zerstört” worden, teilte die internationale Atomaufsichtsbehörde IAEA in einer ersten Einschätzung mit.
Der gezielte Schlag gegen die Transformatoren dürfte wahrscheinlich auch die unterirdisch gelegenen Zentrifugen beschädigt haben, hieß es. Größere Einschlagkrater sind auf den Aufnahmen vom Tag nach dem ersten Angriff nicht zu erkennen. Auch die IAEA-Experten gingen zunächst davon aus, dass das israelische Militär in Natans bis dahin keine bunkerbrechenden Waffen eingesetzt hat.
Nuklearforschungszentrum Isfahan
Im iranischen Nuklearforschungszentrum Isfahan rund 130 Kilometer südlich von Natans zeigt sich ein ähnliches Bild: Stark vergrößerte Detailaufnahmen vom Satellitenbildanbieter Planet Labs deuten auch hier auf einen gezielten Beschuss einzelner Fabrik- oder Lagerhallen hin.
Zwei größere Einschläge zum Beispiel lassen sich im Westen des rund 1,2 Quadratkilometer großen Forschungszentrums ausmachen. In der Nähe des markanten Industrieschornsteins scheint das Dach eines Gebäudes teilweise eingestürzt – ob durch einen Treffer von außen oder eine Explosion von innen, lässt sich aus der Distanz nicht bestimmen. Spuren eines weiteren Einschlags sind knapp 330 Meter weiter östlich zu sehen: Dort klafft im Dach eines zentral gelegenen Verwaltungsgebäudes ein fast 30 Meter breites Loch – ebenso wie in einem Lagerhaus im Raketendepot Bid Kaneh bei Teheran.
Detailaufnahme: Raketendepot Bid Kaneh
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IAEA-Informationen zufolge wurden in Isfahan in der ersten Angriffswelle insgesamt “vier wichtige Gebäude” getroffen, darunter eine Anlage zur Umwandlung von konzentriertem Uranerz in gasförmiges Uranhexafluorid, eine Vorstufe zur Urananreicherung, sowie eine Anlage zur Herstellung von Kernbrennstoffen, wie sie zum Beispiel in Forschungsreaktoren zur Anwendung kommen. An beiden Standorten – Isfahan und Natans – gebe es bislang keine Anzeichen erhöhter Strahlungswerte, teilte die Atomaufsichtsbehörde mit.
Einschlag bei Teheran
Die israelischen Luftschläge der ersten Angriffswelle wirken auf den verfügbaren Satellitenbildern methodisch und gezielt. Die Angriffe folgen offenbar einem aufwändig vorbereiteten Plan. Anhand des Materials aus unabhängiger Quelle lässt sich die Entwicklung allerdings nur ausschnittsweise verfolgen.
Laut israelischen Darstellungen standen in den ersten Kriegstagen neben den bekannten Einrichtungen des iranischen Atomprogramms vor allem auch Stellungen der iranischen Luftabwehr, Radarsysteme sowie die Raketenbasen und Munitionsdepots der “Revolutionsgarden” unter Beschuss.
Einer dieser Angriffe ereignete sich am ersten Angriffstag auf dem Ghadir-Gelände der iranischen Elitetruppen am Stadtrand von Teheran. Die “Revolutionsgarden” betreiben dort in einer umzäunten Einrichtung ein strategisch positioniertes Depot im Westen der iranischen Hauptstadt. Das Satellitenfoto vom 14. Juni belegt tatsächlich eine schwere Explosion, die das Dach einer knapp 110 Meter langen Lagerhalle zur Hälfte aufriss und Trümmer aus dem Inneren des Gebäudes im Umkreis verstreute.
Detailaufnahme: Waffendepot bei Kermanschah
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Ein weiterer, deutlich umfangreicherer Angriff richtete sich gegen die ausgedehnten Einrichtungen im Munitionsdepot bei Kermanschah im Westen des Iran. Nahe der Stadt befinden sich ausgedehnte militärische Sperrgebiete, die sich weit in die angrenzenden Berge nordöstlich des Stadtgebiets ziehen. In einem abgelegenen Tal liegen über mehrere Kilometer hinweg verdächtige Tunneleingänge am Hang.
Westliche Analysten vermuten bei Kermanschah einen Teil des iranischen Raketenarsenals. In den Tunneln könnten Sprengköpfe, Raketentreibstoff und weiteres Material zum Start der Fernschlagswaffen der iranischen “Revolutionsgarden” liegen.
Fest steht bislang nur: Bei den Angriffen ab dem 13. Juni kam es bei Kermanschah zu mehreren schweren Explosionen. Stark vergrößerte Satellitenfotos dokumentierten mutmaßlich israelische Treffer nahe der Einfahrt des streng abgeschirmten Waffendepots. Darüber hinaus weisen mehrere Tunneleingänge im Gelände aus dem All erkennbare Brandspuren auf.
Das aus dem All auf Satellitenfotos erkennbare Schadensbild lässt keine sicheren Rückschlüsse auf die tatsächlichen Zerstörungen am Boden zu. Die israelische Luftwaffe dürfte bei dem Einsatz in Isfahan und Natans tief im iranischen Hinterland womöglich Präzisionsbomben vom Typ GBU-31 oder GBU-28 eingesetzt haben, zitierte die britische BBC einen Experten des Königlichen Instituts für Verteidigungs- und Sicherheitsstudien (RUSI) in London.


Stark vergrößerter Bildausschnitt: Auf dem Gelände des Munitionsdepots Kermanschah sind Spuren ausgedehnter Brände und vereinzelt schwere Gebäudeschäden erkennbar.
(Foto: Satellite Imagery © 2025 Maxar Technologies Provided by European Space Imaging )
Für den Einsatz von gelenkten Präzisionsbomben auf dem Gelände der iranischen Atomanlagen sprechen seiner Ansicht nach zum Beispiel die Einschläge in der Dachmitte und das Fehlen von Kratern im Umfeld der angegriffenen Gebäude. Diese Waffensysteme könnten mit ihren speziell gehärteten Sprengköpfen und einer verzögerten Zündung zudem mehrere Stockwerke der getroffenen Gebäude durchschlagen haben und erst danach tief im Boden explodiert sein.
Solche “Bunkerbrecher” hätten die Israelis bereits im Gazastreifen und auch im Libanon gegen aufwändig geschützte unterirdische Einrichtungen eingesetzt, heißt es. Bei der IAEA sieht man bisher noch keine Anzeichen für den Einsatz solcher Waffen. Es gebe bisher “keine Indizien für einen Beschuss der unterirdischen Anlagen zur Urananreicherung im Iran”, betonte ein IAEA-Sprecher.
Detailaufnahme: Tunneleingänge bei Kermanschah
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Wichtigstes Ziel eines solchen Luftangriffs dürften laut westlichen Beobachtern jedoch die Atomanlagen Fordo sein. In den Tiefbunkern von Fordo vermuten israelische Geheimdienste das Herzstück des umstrittenen Atomprogramms – und womöglich auch erste Bestände atomwaffenfähigen Materials.
Die israelischen Angriffe scheinen die unterirdische Anlage in der Militäranlage bei Ghom bisher ausgespart zu haben – womöglich, so heißt es, weil für wirksame Treffer überschwere Spezialbomben notwendig wären, über die nur die USA verfügen und die sich nur mit schweren strategischen Bombern überhaupt ins Zielgebiet bringen lassen.