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1860 München: Weit weg von Leverkusen – Sport | ABC-Z

Nach der ersten Pleite der Saison an der Ostsee sagte der an diesem Abend ziemlich unauffällige Florian Niederlechner einen Satz, der einfach nur nüchtern und geerdet rüberkommen sollte. Viele Fans aber werden den Inhalt mit Erleichterung zur Kenntnis genommen haben, nicht nur aufgrund des Wiesn-Starts an diesem Wochenende: „Wir sind nicht Leverkusen.“ Leverkusen zu sein, das in der Saison 2023/24 ungeschlagen die deutsche Meisterschaft gewann, das hatte im Vorfeld ja auch wirklich niemand verlangt oder gewollt.

Es ist jetzt also nicht mehr möglich für den TSV 1860 München, sich ohne Niederlage durch eine Saison zu zaubern und am Ende Meister zu werden; vorbei auch die kurze, aber wild gefeierte Serie von punkteträchtigen Toren in der Nachspielzeit, denn ein solches wollte auswärts bei Hansa Rostock nicht mehr gelingen. Es wäre freilich besonders spektakulär gewesen: Der nach vorne geeilte Torwart Thomas Dähne köpfelte den Ball nicht zum 2:2 ins Netz, sondern traf nur den Rücken von Hansa-Verteidiger Franz Pfanne. Aber ein Treffer hätte nur wieder kaschiert, dass Sechzig ja auch in den Spielminuten davor nicht so dahergekommen war wie Leverkusen im Meisterjahr.

Somit haben die Löwen ihren ersten Rückschlag erlitten. Kann passieren, doch nun stellt sich freilich die Frage, wie sie damit umgehen. Im Moderieren desselben gibt sich Sechzig-Trainer Patrick Glöckner schon mal recht transparent. Am Freitagmittag ließ er aber zunächst noch einmal wissen: „Ich habe es schon tausendmal gesagt: Für die Erwartungshaltung kann ich nichts“, sie war aus seiner Sicht wohl unrealistisch hoch gewesen bisher. Man sei durchaus zufrieden mit dem bisher Erreichten, und wer fest mit Punkten in Rostock rechne, der habe sowieso etwas falsch verstanden: „Die werden am Ende oben mitspielen, das prophezeie ich jetzt“, erklärte Glöckner. Sein Problem bezog sich hingegen auf die Einstellung in der ersten Halbzeit, das Zweikampfverhalten vor dem 2:0 der Gastgeber (34.) bezeichnete er als eine „Frechheit“.

Auf Nachfrage, ob denn nicht auch schon beim Heimspiel gegen Havelse (3:2) seine Spieler oft sehr weit von den Gegnern wegstanden, entgegnete Glöckner, dass sich der Aufsteiger nicht viele große Chancen erspielt habe. Der Geschäftsführer Sport, Christian Werner, hatte nach dem zwischenzeitlichen Ausgleich der Gäste laut schimpfend das Kabuff über der Haupttribüne verlassen und war nach unten geeilt. Es war gut hörbar und auch nicht das erste Mal gewesen, dass ihn wegen Nachlässigkeiten des kickenden Personals der Unmut gepackt hatte.

Dieses plötzliche Abhandenkommen der unerbittlichen Einsatzfreude ist nicht neu bei Sechzig, das Phänomen taucht schließlich in guter Löwen-Tradition in jeder Saison auf und ist deshalb nicht originär auf den aktuellen Trainer zurückzuführen. Die Erwartungshaltung an Glöckner ist nun aber, das Problem schneller zu lösen als seine Vorgänger. Und während er in der Pressekonferenz vor dem Samstagsspiel beschwichtigte und „Basics“ wie eben ein besseres Zweikampfverhalten beschwor, ist er auf dem Feld fast schon dazu gezwungen, am großen Rad zu drehen und ganz viel auf einmal zu verändern, was ihm später einmal als Aktionismus ausgelegt werden könnte.

Volland kehrt gegen Hoffenheim II nach seiner Sperre zurück, Kapitän Verlaat droht länger zu fehlen

Die gute Nachricht: Kevin Volland kehrt nach einer Gelb-Rot-Sperre zurück und ist am Samstag im Heimspiel gegen die U23 der TSG Hoffenheim (16.30 Uhr, Grünwalder Stadion) wieder einsatzbereit. Kapitän Jesper Verlaat jedoch wird wie befürchtet länger ausfallen, er hat sich in der 37. Spielminute in Rostock eine Muskelverletzung zugezogen, wie der Verein unterdessen bekanntgab. Es dürfte sich dabei um mehr als nur einen Muskelfaserriss handeln, eine Parallele zum vergangenen Jahr. Damals hatte sich der Niederländer kurz vor dem Aufeinandertreffen mit Rostock verletzt, seine Absenz war der Anfang vom Ende des damaligen Trainers Argirios Giannikis in Giesing.

Auf jeden Fall muss Glöckner nun seine Abwehr umstellen. „Wenn der Kapitän, der so eine solide Leistung über die ganze Saison, in der Vorbereitung und auch schon in der Rückrunde gezeigt hat, ausfällt, ist es natürlich ein herber Rückschlag“, sagte Glöckner. Wichtig ist hier vor allem die Erwähnung der aktuellen Saisonvorbereitung, denn wenn Glöckner der Drehbuchautor der Umstellung zu einer Dreierkette war, dann war Verlaat sein Regisseur. Weil aber schon am Mittwoch in Rostock die Rückkehr zur Viererkette in der zweiten Halbzeit deutlich sichtbare Stabilität brachte, ist es gut möglich, dass Glöckner auch gegen Hoffenheim mit vier Spielern verteidigen wird. Zumal im Österreicher Raphael Schifferl ein Verlaat-Ersatz bereitsteht, der als klassischer Innenverteidiger agiert.

Darüber hinaus möchte Glöckner das Problem beheben, das in Rostock besonders frappierend war: Die Qualitäten von Florian Niederlechner kamen nicht zum Tragen, weil der frühere Erstliga-Profi so gut wie gar nicht ins Spiel eingebunden war. Und dann wäre da noch die Stürmerfrage: Patrick Hobsch hält der Trainer für „einen der besten Stürmer im Strafraum“, er lässt ihn aber dennoch nie länger als 20 Minuten spielen, obwohl er schon zwei wichtige Tore erzielt hat. In Rostock erhielt sogar Justin Steinkötter beim Einwechseln den Vorrang, und erfüllte dabei seine Aufgaben zur Zufriedenheit des Trainers. „Ich kann Woche für Woche immer nur versuchen, mein Bestes zu geben“, hatte Hobsch nach seinem Siegtor gegen Havelse vor einer Woche gesagt, „das ist die Situation, die wir haben“ – er meinte die Qualität im Kader. Veränderungen werden ja meist nur dann gefordert, wenn es mal nicht gut läuft.

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