125 Jahre Borussia Mönchengladbach: Auf dem goldenen Teppich mit Vogts und Netzer – Sport | ABC-Z

Dass Borussia Mönchengladbach etwas zu feiern hatte, ist länger her. Im Frühjahr 2021 stand der Traditionsklub im Achtelfinale der Champions League. Der bisher letzte Titelgewinn war 1995 der DFB-Pokal. Und die letzte Meisterschaft? Datiert von 1977.
In der Vergangenheit zu schwelgen, ist eine Disziplin, die sich für Jubiläen eignet. Und so feiern die Gladbacher am ersten August-Wochenende ihren 125. Geburtstag auch ein wenig als wehmütige Retrospektive. Über einen goldenen Teppich werden Vereinslegenden wie Günter Netzer und Berti Vogts schreiten, eine streng geheim gehaltene Statue wird enthüllt. Es folgt ein Jubiläumsspiel gegen den FC Valencia. Und wenn die Geburtstagsparty vorbei ist, nähert sich die neue Saison – womöglich ist dann schon wieder Schluss mit den Feierlichkeiten.
Es geht dann in die dritte Spielzeit unter dem Schweizer Trainer Gerardo Seoane, 46. Die erste war schlimm, weil Gladbach beinahe abgestiegen wäre. Die zweite war besser, weil Gladbach nach 27 Spieltagen plötzlich Fünfter war und sich der Champions League nahe fühlte. Aber weil die dadurch offenbar paralysierte Mannschaft aus den restlichen sieben Spielen der Vorsaison nur noch zwei Punkte holte, endete auch diese Runde letztlich enttäuschend, auf Tabellenplatz zehn.
:„Ein, zwei, drei, vier Millionen“
In vermutlich angetrunkenem Zustand verrät Florian Neuhaus auf Mallorca sein üppiges Gehalt – und verhöhnt damit Gladbachs Manager Roland Virkus.
Über einen goldenen Teppich dürfen bei der Borussia nur Legenden laufen, für die aktuelle Belegschaft würden die Fans womöglich nicht mal einen roten Teppich ausrollen. Jedenfalls nicht für die meisten von ihnen. Die jüngste Wahl der Fans zum „Spieler der Saison“ hat in seinem ersten Jahr für Gladbach wie erwartet Tim Kleindienst gewonnen. Der im Sommer 2024 vom 1. FC Heidenheim gekommene Mittelstürmer, der direkt auf 16 Tore und neun Vorlagen kam, erhielt 57 Prozent der Stimmen. 27 Prozent votierten für den Torwart Moritz Nicolas, je sechs Prozent für den Linksverteidiger Lukas Ullrich und den Rechtsaußen Franck Honorat. Alassane Plea wurde mit vier Prozent Fünfter.
Ohne zwei dieser fünf Spieler startet Gladbach nun in die neue Saison, und damit wäre man schon beim größten Problem. Der Topscorer Kleindienst laboriert an einer Knieverletzung und kann wohl bis November nicht dabei sein. Und der Franzose Plea, mit elf Treffern und sechs Vorlagen in der vergangenen Saison zweitbester Gladbach-Scorer, ist zum niederländischen Meister PSV Eindhoven gewechselt. Durch den Verkauf des 32-Jährigen erhält die Borussia dem Vernehmen nach immerhin etwa vier Millionen Euro.
Die Affäre um Florian Neuhaus wirkt immer noch nach in Gladbach
Transfererlöse sind wichtig für einen Klub wie die Borussia, allzu oft hat dies in den vergangenen Jahren nicht geklappt. In Marcus Thuram, Ramy Bensebaini und Matthias Ginter hat Gladbach wegen auslaufender Verträge werthaltige Stammspieler ablösefrei verloren, weshalb der Sportgeschäftsführer Roland Virkus im Sommer 2023 alle Anstrengungen unternahm, um zum Beispiel den Mittelfeldspieler Florian Neuhaus bis 2027 zu binden. Das ist Virkus mit der Ermunterung durch den damals neuen Trainer Seoane gelungen, allerdings hat sich diese vom Gehaltsvolumen her nicht gerade günstige Vertragsverlängerung inzwischen nicht als allerbeste Idee entpuppt.
Denn Neuhaus, 28, war bisher entweder nicht willens oder in der Lage, Seoanes taktische Vorgaben fürs Defensivspiel umzusetzen und wurde sukzessive zum Bankdrücker. In der vergangenen Saison hat das einstige Toptalent nur noch gut sechs Stunden Bundesliga gespielt. Die Borussia müsste Neuhaus, der mal zehn Länderspiele für Deutschland bestritten hat, eigentlich veräußern, allerdings will der Mittelfeldmann offenbar partout nicht weg aus Gladbach.
Warum Neuhaus zuletzt sogar ein offenbar konkretes Angebot des FC Augsburg und von dessen neuem Trainer Sandro Wagner abgelehnt haben soll, war Ende Juni deutlich geworden. Da tauchte im Internet ein per Handy mitgefilmtes Zehnsekunden-Video auf, in dem Neuhaus im Urlaub auf Mallorca in, nun ja, sehr angeheitertem Zustand mit Gladbacher Fans despektierlich über den Manager Virkus sprach. Neuhaus protzte in dem Clip, dass ihm dieser Manager „vier Millionen“ Euro Salär pro Saison bezahle. Solche Aussagen fand der Klub ungehörig, er verbannte Neuhaus vorübergehend ins U23-Team und holte sich dem Vernehmen nach 100 000 Euro des Millionen-Gehalts als Geldstrafe zurück.

Mit Widrigkeiten verschiedenster Couleur geht der Verein vom Niederrhein also in sein 126. Jahr, weshalb sich Mönchengladbach umso energischer auf gute Erfahrungen aus der Historie besinnen und dem Image der Fohlenelf wieder mehr Wertschätzung entgegenbringen will. „Die Borussia muss zurück zum Fohlen-Fußball“, sagt der neue Geschäftsführer Stefan Stegemann und nennt zwecks Entwicklung und Wertschöpfung junger Spieler als neues Motto: „Back to the Roots!“
In dieser Hinsicht hat der Manager Virkus bereits eine konkrete Vision: Die B-Jugend ist kürzlich vor 11 000 Zuschauern im Borussia-Park durch ein 3:1 gegen RB Leipzig deutscher Meister geworden. Das 1:0 erzielte der 16-jährige Wael Mohya, Doppeltorschütze in der Schlussphase war der 17 Jahre junge Can Armando Güner aus Krefeld. Dessen türkischen Vater, einen glühenden Maradona-Fan, sowie die Mutter mit argentinischen Wurzeln nahm der argentinische Fußballverband bereits zum Anlass, um Güner zu umwerben und ihn für Argentiniens U17 zu nominieren.
Den Vertrag mit Mohya hat Virkus bereits verlängert. Güners Papiere enden 2026, doch der Spieler hat dem Kicker schon verraten: „Ich sehe meine Zukunft bei Borussia.“ Die ganze Gladbacher B-Jugend nennt Virkus eine „goldene Generation“, und einer solchen könnte vielleicht irgendwann mal ein goldener Teppich ausgerollt werden. Geduld müssen sie in Mönchengladbach dafür aber schon noch ein bisschen aufbringen, weshalb sie sich einstweilen mit einer Zwischengeneration behelfen. Verpflichtet wurde soeben der Japaner Shuto Machino von Holstein Kiel, ein flexibler, womöglich fohlenfußballtauglicher Offensivspieler, der aus dem Fohlenalter aber schon raus ist (25). Anders als der 19-jährige Spielmacher Paul Wanner, für den sich die Borussia interessiert. Aber der gehört offiziell immer noch dem alten Rivalen FC Bayern, dem man längst nicht mehr so nahe ist wie damals, in den goldenen Siebzigern.