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1 gegen Hoffenheim in Fußball-Bundesliga | ABC-Z

Ungeschönte Selbstreflexionen gehören eigentlich nicht zu den größten Stärken von Borussia Dortmund, wo gerne auch mal wagenburgartige Verteidigungskämpfe geführt werden. Insofern klangen die Töne der Protagonisten am Sonntagabend nach dem 1:1 gegen die TSG Hoffenheim ungewohnt.

Mancher Beobachter fühlte sich geradezu überrumpelt von der Härte der Worte, mit denen die Dortmunder sich selbst zerlegten. Emre Can sprach von einer „Katastrophenvorstellung“, die Mannschaft habe „überhaupt keine Energie auf dem Platz entwickelt“, sagte Trainer Nuri Sahin, und Nico Schlotterbeck kochte vor Wut.

Womöglich war der Innenverteidiger besonders enttäuscht, nachdem er am Dienstag in der Champions League gegen den FC Barcelona eine Verletzung an dem Bändern des rechten Fußgelenks erlitten hatte und zum Erstaunen vieler Zuschauer nicht nur in der Startelf stand, sondern auch 90 Minuten durchhielt – zwar sichtbar eingeschränkt, aber mit großem Engagement.

„Ein unfassbar schlechtes Spiel“ habe die Mannschaft gemacht, zürnte Schlotterbeck, „teilweise ohne Energie“ seien die Kollegen aufgetreten. „Wir hatten keine Klarheit in unserem Spiel, das war Wahnsinn.“ Es fehlte, was im Fußball gerne als „Basics“ bezeichnet wird.

An Tagen wie diesen müsse ein Team „mit einem guten Positionsspiel den Ball laufen lassen“, sagte Sahin, damit erzeuge man Torchancen und auch Energie. Doch kaum jemand bewegte sich in die richtigen Positionen, es wurde getrabt statt gesprintet, jeder schien sich auf irgendeinen Nebenspieler zu verlassen, statt diesen zu unterstützen.

Nicht einmal der Führungstreffer, den der ansonsten schwache Giovanni Reyna erzielt hatte (46. Minute), wirkte befreiend. Dabei hatte die Mannschaft die Chance, auf den fünften Platz zu springen, den Anschluss an die vorderen Plätze zu finden, die Grundlage für eine atmosphärisch angenehme Winterpause zu legen. Dennoch spielte die Mannschaft unmotiviert wie lange nicht – dieser BVB bleibt ein großes Rätsel.

Denn wenige Tage zuvor in der Champions League hatte die Mannschaft noch hervorragenden Fußball gespielt, nicht fehlerfrei, aber voller Freude und erfüllt von einer mitreißenden Energie. Der begeisternde Auftritt hatte die Kräfte des Stadions freigesetzt, trotz der knappen Niederlage hatten alle Beteiligten Spaß gehabt, auch an den nicht voll entfalteten, aber grundsätzlich erkennbaren Potentialen, die in dieser Mannschaft schlummern.

Wieder einmal wurde die Hoffnung auf einen Durchbruch genährt, der endlich ein stabiles Topteam entstehen lassen soll. Der Plan sieht vor, dass nach dem Kaderumbruch und dem Trainerwechsel im Sommer mit Geduld und Beharrlichkeit eine neue Ära entstehen soll. Tage wie dieser dritte Advent sind allerdings Gift für diesen Prozess. Denn sie zeigen, dass auch in der laufenden Saison irgendwas nicht stimmt mit diesem Team.

Die Auswärtsbilanz in der Bundesliga ist erschreckend, immer wieder folgten auf gute Auftritte in der Champions League oder in den Bundesliga-Heimspielen Leistungseinbrüche. Statt diese Schwäche nach und nach zu bekämpfen, den Reifeprozess zu forcieren, wurde dieses letzte Spiel des Jahres im heimischen Westfalenstadion zum gruseligen Höhepunkt der Unzuverlässigkeit.

Es passte, dass das Gegentor durch den früheren Dortmunder Jacob Bruun Larsen in der Nachspielzeit nach einem Einwurf fiel. Der BVB bleibt ein Fall für alle Beobachter mit Interesse an der Psychologie von Fußballprofis und den dazugehörigen gruppeninternen Prozessen.

Körperliche Müdigkeit sei nämlich keine Erklärung für dieses schwache Spiel, sagte Trainer Sahin, eine Erholungspause von Mittwoch bis Sonntag sollte reichen, um die Energiespeicher zu füllen. Can, der neben Schlotterbeck der einzige Spieler in halbwegs akzeptabler Verfassung ist, formulierte zumindest eine Theorie zu den Ursachen des Problems, die allerdings wenig Hoffnung macht.

„Ich habe das Gefühl, viele sind einfach mit sich selbst beschäftigt und das darf nicht sein“, sagte der Kapitän. „Ich glaube, diese Mentalität kriegt man nur als Mannschaft zusammen, wenn alle elf Spieler auf dem Platz das Gleiche denken und alle sich nicht zu wichtig nehmen, sondern die Mannschaft. Diesen Eindruck habe ich heute nicht gehabt. Das geht nicht.“

Damit trifft er das Projekt ins Mark, denn die Analyse des Kapitäns enthält bei genauerer Betrachtung eine noch viel schmerzlichere Erkenntnis als der schonungslose Blick auf die schwache Leistung in diesem einen Spiel. Can deutet an, dass manche Kollegen dem gemeinschaftlichen Projekt im Weg stehen könnten, dass es Risse im Gefüge gibt. Dabei hatten die Verantwortlichen noch im Spätsommer viel Lob für die Zusammenstellung dieses Kaders erhalten – und gute Fußballer stehen ja zweifellos zur Verfügung. Was die Persönlichkeiten betrifft, scheint die Sache schwieriger zu sein.

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